Erfolgreiche Osterferien für die Riegler Brüder

"Karies" 7c, 300 Meter Langkofelmassiv
 
Mit einer Hand am Lenkrad und der anderen am Telefon kurvt mein Bruder Richtung Sellapass. Wir haben gehört, dass es eine schwere Hakentour am Zahnkofel gibt und brauchen noch einige Infos von Adam Holzknecht. Er hat "Karies" 2003 zusammen mit Karl Unterkircher erschlossen und damit die derzeit wohl schwierigste traditionell abgesicherte Route des Langkofel Massivs geschaffen.

Fotostrecke: Erfolgreiche Osterferien für die Riegler Brüder

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Fotos: © Manuel Stuflesser

Mit den Skiern geht's  zum Einstieg unseres Ziels. Überhängend, brüchig und schwierig sieht die Tour aus. Noch ist es angenehm warm und wir steigen ein. Die ersten Meter sind splittrig, dann wird der Fels besser. Die Art der Kletterei ist sehr interessant und die Absicherungen kühn! Angespannt und voll konzentriert klettern wir Meter für Meter. Das intensive Training im Winter hat sich ausgezahlt und mir gelingen alle 8 Seillängen on sight. Ausgelaugt stehen wir am Gipfel.

Das Wetter hat sich wesentlich verschlechtert und es beginnt in großen Flocken zu schneien. Das Abseilen im Nebel über die mit wackligen Haken ausgestatteten Standplätze wird zum letzten Nervenkitzel des Tages.

"Zauberlehrling" 7c(+), 700 Meter Cima Scotoni (Fanes)

Schon viel hatten wir von diesem wilden Exremklassiker an der Cima Scotoni gehört. Wesentlich anspruchsvoller als "der Weg durch den Fisch" an der Marmolada; ein wahrer Edelstein in den  Dolomiten und seit der Erstbegehung durch Christoph Hainz und Oswald Celva vor 19 Jahren nicht mehr rotpunkt geklettert.

11. April 2009 4.30 Uhr. Ich bin schon seit Tagen aufgeregt und jetzt kurz vor dem Aufbruch kann ich es kaum mehr erwarten endlich loszulegen. Wir starten mit unseren Tourenskiern zum Einstieg. Im Morgengrauen kontrollieren wir ein letztes Mal unsere Ausrüstung. Alles ist genau besprochen und das Material auf das Wesentlichste reduziert. 750 Klettermeter im 7., 8. und 9. Schwierigkeitsgrad liegen vor uns. Es ist eiskalt und unsere Kletterbewegungen ähneln denen eines verklemmten Roboters. Langsam aber sicher bewegen wir uns durch den teilweise sehr brüchigen Fels. Die Sonne ist immer noch nicht in der Wand.

In der Schlüsselseillänge merke ich wie mich langsam meine Kraft verlässt. Ich bin so gepumpt, dass sich gegen meinen Willen die Hände öffnen. Ich stürze ins Seil und zum Glück hält der Haken. Martin lässt mich hinunter zum Stand, ich ziehe das Seil ab und versuche es nach einer kurzen Pause noch einmal. Diesmal läuft es wie geschmiert und ich kann die Seillänge durchsteigen.Nach langen 7 Stunden erreichen wir das erste Band. Kurzes Entspannen und dann wieder hinein in die engen Kletterschuhe und weiter. Die folgenden 10 Seillängen sind ein echter Kampf. Schwierig, brüchig und das Finden des Weges gleich einem Lotteriespiel. Die moralisch sehr anspruchsvolle Kletterei raubt uns die letzten Nerven.

Wir erreichen nach 11 Stunden das 2. Band, doch der Gipfel will einfach nicht näher kommen. Es wird dunkel und kalt und einige Passagen sind nass. Stirnlampen heraus und noch mehr Speed! Meine Konzentration lässt aber jetzt nach 15 Stunden Anspannung nach. Ich spüre nichts mehr. Weder Schmerz noch Freude. Ich klettere einfach immer weiter und weiter. Gegen 22.30 Uhr stehen wir im tiefen Schnee. Der Gipfel, endlich! Wir sind zu müde um glücklich zu sein und beginnen sofort mit dem Abstieg. Um 1 Uhr nachts sind wir beim Auto.

Wir kochen uns Spaghetti und können es nun endlich begreifen: Wir haben den Zauberlehrling rotpunkt an Tag geschafft.

QuelleFlorian und Martin Riegler, Fotos: Manuel Stuflesser