Im darauffolgenden Frühjahr bin ich wieder da. Erster Versuch, ich probiere die Züge, alles eigentlich “recht leicht”, nur kann ich auf den ersten 15 Metern keinen Ruhepunkt finden. Zweiter Versuch, ich rutsche von einem Tritt, falle, es gibt ein sattes Schnalzen – das Ringband ist eingerissen. So komme ich die folgenden zwei Wochen ausführlich zu meiner Lieblingsbeschäftigung im sonnig-frühlingshaften Siurana: Ruhetage zelebrieren. Die Bräune entwickelt sich vortrefflich und sogar mein aberwitziges Vorhaben, in Spanien eine Seminararbeit zu schreiben, wird realisiert. Ganz am Ende des Aufenthalts kann ich noch mal in die Route, es läuft gut, ich bleibe motiviert.

Zurück in der Schweiz, wo ich studiere, kaufe ich als Erstes ein Flugticket nach Barcelona, nehme noch zwei Wochen vom Semesterbeginn mit und schon stehe ich wieder am Einstieg. Nach insgesamt vielleicht fünf Tagen in der Route kann ich bereits die letzte kleine Leiste in der Route festhalten, von der aus es einen kräftigen Schnapper in den erlösenden Untergriffhenkel zu machen gilt. Als Einzelzug kein Problem, bekomme ich nun jedoch einen ersten Eindruck, was es heißt, diesen Zug im Durchstieg anzuhängen.

Im Moment bin ich an dieser Stelle viel zu kraft- und spannungslos, um mich überhaupt noch irgendwie zu bewegen. Bald wird das Wetter schlecht, dann katastrophal, dann schwimmt mir die Ausrüstung davon. Die Wasserfälle verschonen mein Projekt weitgehend, die Wand legt ihre spezifischen Schwammeigenschaften aber nie wirklich ab. Noch ein paar Tage kann ich investieren – 20cm trennen mich im besten Go vom Untergriff – dann schwemmt es meine Motivation davon und mich zurück nach Hause.

Kurz darauf wird die Route ein Jahr alt, ich 22, der Altersvorsprung ist beträchtlich, das Ding sollte schon zu knacken sein.

Im Herbst werden zwei Wochen Südfrankreich geplant, ein Freund aus Deutschland springt auf, kauft jedoch ein Ticket nach Barcelona. Also nur ein paar Tage Gorge du Tarn – ich kann in zwei Tagen “Adieu Wolfgang”, 8c klettern – dann geht's wieder in “A muerte”. Maximal vier Tage in der Route, ich muss erstmal wieder die hoch spezifische Resistance auftrainieren, das Zeitbudget ist knapp. Im letzten Versuch des Trips lasse ich noch ein gutes Stück Haut im Untergriff, habe aber nicht die Spannung die Position zu halten. Der Erfolg ist näher als zum Greifen nah, nur festhalten kann ich ihn noch nicht.

Zwei Wochen darauf kann Dave MacLeod die dritte Wiederholung verbuchen, er spricht von 9a, erwähnt allerdings nicht, das die Route eventuell auch leichter sein könnte.

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QuelleScarpa / Pirmin Bertle, Fotos: Adrian Stämpfli (Siurana), Roger Jungo (Tarn)