Letztlich kamen wir auch so dem Hüttenwirt entgegen, der schon recht beleidigt dreinschaute weil die meisten Routen im Nachbartal entstehen sollten. Dafür tauften wir den recht ergiebigen Block am Ende Domacin (Hüttenwirt) und der Friede war besiegelt. Herr Rifat tat danach alles für uns, vor allem merkten wir dies an der freigiebigen Vergabe einer klaren Flüssigkeit aus einer alten Pepsi Flasche. Egal ob man wollte oder nicht, Obstler ging auch schon mal vor dem Frühstück. Was tut man nicht alles für die Völkerverständigung.

Fotostrecke: Klettern in Montenegro

Montag früh, Arbeitsbeginn am Fels. Nachdem ein Teil von uns sich an den Fels nahe der Quellen Ali Paschas verabschiedet hatte, brachen Ferdi, Reini, unsere Kosovaren und ich zum Fels Gerani auf. Riesige Überhänge machten den Zugang von oben unmöglich. Also hieß es, erst mal im Vorstieg eine leichte Route bohren. Die beiden Augsburger brachten so schnell die ersten Haken in den Fels und ich suchte nach Möglichkeiten Höhe zu gewinnen. Aber außer Bruch war nichts zu wollen. Rechts weiter wurde der Fels besser und die Bohrmaschine durfte ihr erstes Loch vollenden. Aus dem sicheren Haken entfernte ich einige lose Schuppen und – huch- da wohnte jemand.

Der kleine schwarze Skorpion war offensichtlich nicht begeistert, dass ich sein schattiges Versteck hatte in hohem Bogen in den Wald fliegen lassen. Vorsichtig kroch er hinter die nächste Schuppe, genau so vorsichtig putzte ich weiter. Während links beim Reini öfter mal ein Keil oder ein Friend aus der Wand schaute, bot mein Wandstück solchen Luxus nicht. Widerwillig hängte ich mich an einen Cliff und ließ die Bohrmaschine rattern. Das Spiel wiederholte sich. Immer passte nur der eine Cliff. Und immer stellte ich fest, das mein Ausblasschlauch gerade nicht vom Loch bis zu den Lippen reichte. Und immer weniger Kraft  konnte ich meinen Armen entlocken.

Der sechste Haken und die Umlenkung folgten frei stehend, danach versuchte ich es mal mit sitzen am Wandfuß und einem regenerativen Mahl plus literweise Wasser. Es war bereits 15.00 Uhr. Wenn das so weiter geht, nimmt das Projekt ein peinliches Ende, dachte ich.

Ferdi und Reini hatten derweil schon eine weitere Route zur gleichen Umlenkung gebohrt und kämpften sich von dort mutig durch die Wand zu weiteren möglichen Routenendpunkten.

Ich maneuvrierte mich im Toprope zur meiner Umlenkung und blickte nach rechts. Fünf Meter weiter hinter einem funktionsfähigen Wasserstreifen lockte ein Band auf dem drei Routen enden könnten. Schon eine Stunde und zwei Haken später stand ich dort, schmiegte mich an die glatte Wand und zog die Maschine nach. Das Cliffloch zog zur falschen Seite, die Waden brannten. Die während der Pause zahlreichen Wolken hatten sich verzogen und die Sonne brannte auf den warmen Fleece.

Der tropfende Schweiß verdunstete sinnlos nur zur Kühlung des Felsens unter mir. Hinein mit dir, Frau Bosch, reinigen, einschlagen, festziehen. So, für morgen ist genug Arbeit da, ich seile am Fixseil ab. Dann klettere ich noch meine Route, Schwarzer Skorpion, die so bei 6a eincheckt und überlasse den Kosovaren das Toprope. Reinis 6a+ bringe ich nicht mal mehr am Stück.

Die anderen hatten in ihrem Sektor mit ähnlichen Bedingungen zu kämpfen. Aufwändiges Putzen und kein Zugang von oben waren vergleichbar. In Puncto meines Skorpionabenteuers unterlag ich allerdings deutlich gegen drei Skorpione und eine Schlange. Wir stopften uns auf die Ladefläche unseres Vehikels und traten die Rückfahrt an. Im Ort wurde dann, äquivalent zu allen folgenden Fahrten, ein Einkaufsstop befohlen. Ein kleiner Tante Emma Laden erfreute sich ab hier unserer täglichen Besuche, besonders das Niksicer Bier in 2L Einheiten verließ in regelmäßigen Mengen den Laden.

Unser Koch hatte auf der Hütte schon das Abendessen auf Großmutters Beistellherd gezaubert. Ich erinnere mich noch, am ersten Abend gab es Knoblauch mit irgendwas dran … . Da wir einheimische Kost bestellt hatten, gab es jeden Abend etwas Überraschendes, außer einmal, denn Angebranntes war glaube nicht grundsätzlich eine lokale Spezialität. Überaus beliebt war jedoch der jeden Tag frisch gezupfte Bärlauchsalat.

Der nächste Morgen begann mit mehr Manpower, Frank aus Berlin erreichte früh um neun unsere Hütte und er kam gleich mit zum Gerani Fels. Zusammen vollendeten wir mein begonnenes Wandstück und fügten drei schicke Sechser dazu. In den folgenden Tagen verbesserte sich auch die Routenbilanz bei den anderen. Gleichzeitig begannen wir den Sektor Troja zu erschließen.

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QuelleRalf Gentsch