Robert Japser gelingt Erstbegehung von “Ritter der Kokosnuss” (M12, WI5)

Die Breitwangflue bei Kandersteg ist für ihre spektakulären und äußerst kühnen Eiskletterrouten in grandioser alpiner Kulisse bekannt.

Robert Japser gelingt Erstbegehung von Ritter der Kokosnuss (M12, WI5) Robert Jasper berichtet:

1998 gelangen meiner Frau Daniela und mir mit “Flying Circus” die Realisierung eines lang gehegten Traumes welcher sich heute zu einem Meilenstein dieser Sportart etabliert hat. Damals hatte uns der englische Humor der britische Komikergruppe Monty Python zur Namensgebung von Flying Circus inspiriert.

Das Projekt: "Ritter der Kokusnuss"

Schon seit längerer Zeit war mir die direkte Linie durch diese riesige Grotte, gespickt von grossen Eiszapfen aufgefallen. Ich hatte vor über 10 Jahren eine erste Seillänge an fragilen Damoklesschwertern aus Eis und im brüchigen Fels eröffnet (M9), brach dann aber unter dem horizontalen Riesendach mental ausgebrannt ab. Meine persönliche Vorgabe ohne Bohrhaken im Trad-Stil da hinauf zu kommen ließ mir einen “kalten Schauer” den Rücken hinunter laufen.

Nach einer guten Vorbereitung im Frühwinter, mir gelang es an einem Tag etliche der schwierigen Routen im Drytooling Gebiet Eptingen hinter einander zu klettern, fühlte ich mich fit für mein altes Projekt. Der erste Versuch scheiterte dann aber schon im Kopf. Der brüchige Fels schreckte mich erneut vom weiter klettern ab und zusammen mit Wolfram wich ich über Flying Circus zum Ausstieg aus. Die Vogelperspektive beim abseilen reichte aber schon wieder, um den Funken von neuem zu entzünden.

Nach einem Ruhetag wagte ich einen erneuten Versuch. Mit Keilen, Friends und Messerhaken bewaffnet, arbeitete ich mich vorsichtig – ground up – die Messerhaken in Zugrichtung geschlagen, was nicht wirklich beruhigend ist, hinauf. Mac eröffnete die dritte, ebenfalls stark überhängende Seillänge hinauf ins Eis. Nun war der Grundstein gelegt.

Nach einem weiteren Ruhetag rechnete ich mir schon gute Chancen für den freien Durchstieg aus. Zwei Stürzen in der Schlüsselseillänge (ca. M12) brachten mich aber schnell auf den Boden der Realität zurück. Ich wusste mich noch nicht richtig zu bewegen, die Angst vor den losen Felsblöcken und den zweifelhaften Sicherungen lähmte mich zu stark. Mit Unterarmen wie Luftballons erreiche ich den Stand. Es reichte gerade noch zum Auschecken der dritten mit M9 auch nicht gerade einfachen Länge, dann seilten wir ab.

Dank der tollen Unterstützung meiner Kletterfreunde, konnte ich zwei Tage später einen weiteren Versuch mit meinem Bergführerkollegen Rainer starten. Mittlerweile verbuchte ich die erste Seillänge unter "Warm up", wie sich die Einstellung ändert! Diesmal, mit wieder viel Adrenalin im Blut, ließ ich in der Schüsselseillänge keine Fehler mehr zu und wie programmiert spulte ich Zug für Zug ab.Ich fühlte mich wie in Trance, alles um mich herum verschwandt, der perfekte Moment! Danach die M9, dann eine WI5, es war geschafft! Als wir den Ausstieg erreichten dämmert es bereits. Mit einem "ritterlichen" Gipfelhandschlag krönen wir die gelungene Begehung.

Über die Zukunft des Alpinismuss, über Sinn oder Unsinn unseres Treibens, wird oft gestritten. Wo liegt die wahre Zukunft, der wirkliche Sinn? Ich finde das muss doch jeder für sich selbst herausfinden. Wer das jetzt nicht ganz versteht, kann sich vieleicht ein Mal an "Ritter der Kokosnuss" versuchen.

Detaillierte Informationen zur Route:

  • Extreme Mehrseillängen-"Trad Mixedroute" in alpiner Umgebung.
  • Viel Erfahrung und Vorsicht im Brüchigen Fels und in der Beurteilung von Trad-Absicherung empfehlenswert!
  • Alle nötigen Normalhaken stecken.
  • Schwierigkeitsvorschlag der einzelnen Seillängen: 1.SL M9; 2.SL M12; 3.SL M9; 4. SL WI5 (SL.4 identisch mit Ausstieg von Flying Circus, über diese kann auch abgeseilt werden.)
  • Material: Eisausrüstung, Satz Rocks; Friends 0.5-2.5;
  • Begehung rotpunkt am 13.02.2013 Robert Jasper (alle Seillängen im Vorstieg) mit Rainer Treppte.
  • Eingerichtet zusammen mit Markus Stofer, Jürgen Krieger und Wolfram Liebich.
überwww.visualimpact.ch
QuelleRobert Jasper, Foto: Hans Hornberger