Schachmatt: Die Rieglerbrothers an der Königspitze

Der untere Mixed – Teil wurde in mehreren Etappen bewerkstelligt, der Durchstieg erfolgte am 7. Januar dieses Jahres. Die beiden wurden dabei von der Kamera begleitet.

Fotostrecke: Schachmatt: Die Rieglerbrothers an der Königspitze

Fotos: © Eduardo Gellner

Ein Bericht von Florian Riegler:

7.00 Uhr
Die überhängende Einstiegswand schützt uns gut vor Lawinen und wir sortieren unser Material. Aufgrund der erneut schlechten Wetterbedingungen hatten wir uns entschieden nur im unteren, technisch sehr schwierigen Wandteil zu klettern. Doch plötzlich reißen die Wolken auf. Ich schaue meinen Bruder an und weiß, dass er genau dasselbe denkt wie ich: Rock&Roll Baby – heute fällt der König!

Wir sind guter Dinge und überzeugt es heute bis zum Gipfel zu schaffen, wenn wir uns beeilen und die ersten Meter an unseren fixierten Seilen hochklettern. 1.200 Meter Fels, Eis, Schnee und einer der schwierigsten Anstiege der Ostalpen liegen vor uns.

Nach der fünften Seillänge stehen wir auf einer Art Balkon und beraten ob wir weiter klettern sollen, oder doch besser umdrehen? Hier könnte man noch abseilen, doch wenn wir uns entschließen weiterzugehen ist ein Rückzug nur mehr sehr schwer möglich und wir haben keine Biwak Ausrüstung dabei. Wir gehen weiter.

13.00 Uhr
Wir sind jetzt mitten in der Wand. Die anhaltende Kälte macht mich fertig. Die obere Hälfte der Wand dürfte nicht mehr so steil sein und wir klettern wieder seilfrei um schneller zu sein. Der Neuschnee bremst uns enorm. Alle 10 Schritte muss ich stehenbleiben und nach Atem ringen.Das Wetter wird schlechter und der Ortler ist bereits in Wolken gehüllt. Es weht nun starker Wind und es beginnt erneut zu schneien. Wir sehen keine 100 Meter mehr und ich hoffe, dass uns oben keine schweren Felspassagen erwarten und wir in keine Sackgasse geraten.

15.00 Uhr
Wir erreichen den Gipfelgrat auf ca. 3.650 Meter. Es fällt Eisregen und der Wind wirft mich beinahe um. Wir wollen irgendwie nach links queren um dort einen sicheren Abstieg zu suchen. Der Gipfel steht nicht zur Diskussion. Schnee und Eis klebt in unseren Gesichtern. Wegen des Sturmes müssen wir uns anschreien um zu kommunizieren und die Zeit drängt, wenn wir noch vor Einbruch der Dunkelheit aus der Wand verschwinden möchten. Meine Hände sind beinahe taub. Ich versuche immer wieder die Arme zu kreisen und die Fingen zu bewegen. Ich spüre wie die Kälte über meine Stirn in meinen Kopf eindringt und ihn versucht lahmzulegen.

Eine präzise Orientierung ist unmöglich. Ich navigiere mittels siebten Sinn. Fünf mal gehe ich soweit bis das Seil zu Ende ist. Dann gehen mein Bruder und ich synchron. Es wird immer finsterer und aussichtsloser und die Kälte ist fast nicht mehr auszuhalten. Wir zittern am ganzen Leibe. Die Füße fühlen sich an wie Fremdkörper und jegliches Gefühl in den Zehenspitzen ist schon längst Vergangenheit.

Allmählich glauben wir die Ostrinne zu erkennen. Es sind zwar nur Umrisse von Felsen und Schneeflanken zu sehen, aber trotzdem sollte das der Ausweg aus unserer Misere sein. Instinktiv setzen wir einen Fuß vor den anderen. Dass es lawinengefährlich sein könnte in den Kanal abzusteigen blenden wir in diesem Moment aus.

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QuelleFlorian Riegler, Fotos: Eduardo Gellner