Braucht die Welt noch ein Buch über Wolfgang Güllich? 8 Fragen an Tilmann Hepp

Tilmann Hepp hat 15 Jahre nach seinem ersten Buch über den Freikletterpionier Wolfgang Güllich ein zweites Buch zum gleichen Thema vorgelegt. Da drängen sich dem interessierten Beobachter direkt einige Fragen auf, die ich Tilmann natürlich gerne gestellt habe.

Nachfolgend Tilmanns Antworten:

1. Braucht die Welt noch ein Buch über Wolfgang Güllich?

Jedes Buch über Wolfgang ist gerechtfertigt. Selbst ein drittes oder viertes! Bei Lichte betrachtet, braucht die Welt natürlich das Klettern nicht, schon gar keine Leute, die zum Klettern gehen und keine, die darüber etwas sagen oder die darüber Bücher machen. Aber ohne das Klettern wäre die Welt für viele von uns ärmer und charismatische Menschen wie Wolfgang geben dieser Welt erst das interessante Profil.

2. Wie unterscheidet sich dieses Buch von Deinem ersten Buch über Wolfgang Güllich?

Das neue Buch ist vollkommen anders. Während in der Biografie „Ein Leben in der Senkrechten“ der Lebensweg von Wolfgang nachvollzogen wird, ist das neue Buch eine Art Lesebuch auf der Grundlage von Wolfgangs selbst verfassten Artikeln. Ein sehr authentischer Text- und Bildband, ganz so, als läge sein persönliches, bisweilen handgeschriebenes Kletterbuch vor dem Leser.

Der Mann hat ja nicht wenig geschrieben: Witziges, Nachdenkliches, mal moralisch, mal philosophisch. Deshalb haben wir aus seinen Manuskripten, Routenbüchern und handschriftlichen Notizen diesen Band zusammengestellt. Am Ende wurde das Buch gut 270 Seiten schwer und erhielt mit Leinen und Prägung einen ausgesuchten Einband. Es ist ein ganz besonderer Band, in dem darüber hinaus über 50 Topkletterer vergangener und heutiger Tage ihre Gedanken über die Kletterlegende darlegen.

Die Statements zeigen einmal mehr, wie sehr die Person und der Kletterer Güllich den senkrechten Sport beeinflusst hat.

3. Was hat Dich dazu bewogen noch ein Buch über WoGü zu schreiben?

Eigentlich habe ich es ja nicht geschrieben, eher konzeptioniert, redigiert, zusammengestellt, erarbeitet. Geschrieben hat es ja Wolfgang. Die Idee hierzu hatte ich schon länger. Nach dem Schreiben der Biographie vor fast 15 Jahren standen in meinem Arbeitszimmer über die ganzen Jahre zwei große Kisten mit den persönlichen Unterlagen Wolfgangs herum: Briefe, handgeschriebene Manuskripte, Routenbücher, Fotos, etc.

Vielleicht räumt man ja als Historiker ungern Originalquellen beiseite oder es waren schlicht Sentimentalitäten des zunehmenden Alters, aber ich weigerte mich strikt, das Ganze in irgendeinem Keller verschwinden zu lassen. Bisweilen schmökerte ich darin, oder Freunde, die mich besuchten, blätterten die Unterlagen durch. Irgendwann fand ich es einfach schade, dass Wolfgangs „Schätze“ nur so herumstanden, so kam es zur Buchidee.

Außerdem sind Balli und ich schon der Überzeugung, dass Wolfgangs Statements immer noch aktuell, hochinteressant und vergnüglich zu lesen sind.

4. Wie lange hast Du an dem neuen Buch geschrieben?

Schwer zu sagen. Über die letzten zwei Jahre verteilt so ungefähr 10 Monate. Vielleicht auch ein bisschen länger. Und Balli hat sicherlich auch 5 oder eher 6 Monate lang konsequent daran gearbeitet. Es dauert ja schon einige Wochen oder gar Monate bis das Konzept und die Layouts so stehen wie man es dann schließlich umsetzt.

5. Welche Rolle hat Thomas Ballenberger bei diesem Projekt gespielt?

Eine zentrale! Ich wollte das Projekt unbedingt mit ihm machen und es dauerte fast ein Jahr bis er von der Sache überzeugt war und sich darauf einlassen konnte. Mit ihm wollte ich es durchziehen, weil er Wolfgangs Freund war und damit das „Gefühl“ für das Projekt besaß und wir kongenial an der Konzeption feilen konnten. Außerdem ist er einfach ein genialer Grafiker und beide neigen wir dazu, immer etwas Besonderes machen zu wollen.

Hinzu kam noch ein anderer Grund, der eigentlich auch der ganzen Projektidee zugrunde liegt. Zwei Woche vor Wolfgangs Tod saßen Thomas und ich mit Wolfgang zusammen im Café. Damals hatten wir eine super Buchidee und wollten diese nun nach Wolfgangs ganzem Stallone-Stress in die Tat umsetzen. Wir freuten uns alle darauf. Es erschien viel Arbeit am Horizont, aber auch ein Haufen Spaß. Tage später war Wolfgang tot. Wie für viele seiner Freunde und Bewunderer wurde an diesem 31. August auch für uns die Welt ärmer.

Der Tod ist ja schon etwas Merkwürdiges, nicht nur dass einem jemand fehlt, auch bemerkt man dringlich, was man hätte noch alles tun wollen und nun nicht mehr kann. Als mir dann die Idee mit dem Buch kam, hatte ich auch das super Gefühl, endlich etwas fertig bringen zu können, das so unendlich unerledigt schien: Wolfgang hatte gut vorgearbeitet, Thomas und ich konnten es zu Ende bringen – wir konnten unser Buch gemeinsam zu Ende bringen. Dieser Gedanke war für mich persönlich ein starkes Motiv der Arbeit.

6. Wie viele Personen haben zu dem Buch beigesteuert?

Balli und ich – eigentlich! Aber wie immer in solchen Projekten sind die privaten Beziehungen enorm wichtig. Sie korrigieren und du kannst Frust und Lust mitteilen. Zu Beginn war für mich Annette, Wolfgangs Frau, sehr wichtig.

Sie war von Anfang an von der Idee begeistert und eine ganz schön lange Zeit fast die einzige, die dahinter stand. Ohne Wenn und Aber. Das war schon gut. Auch die über 50 Kletterheroen heutiger und vergangener Tage trugen ihren Teil durch ihre Statements dazu bei. Bisweilen musste ich den einen oder andern öfters daran erinnern und mancher hat vielleicht auch nur geschrieben, damit mein E-Mail-Terror aufhört….

Aber sie schrieben fast alle. Das hat uns doch sehr gefreut.

7. Wird es das Buch auch in anderen Sprachen geben?

Kann ich mir nicht vorstellen. Weil das besondere Merkmal dieses Buch die handschriftlichen Artefakte von Wolfgang sind. Und diese kann man ja kaum in eine andere Sprache bringen.

8. Wie rechtfertigt sich der relativ hohe Preis?

In der Tat sind 48 Euro kein Pappenstiel. Wie bei allen Büchern berechnet sich der Verkaufspreis nach Arbeitsaufwand, Produktionsaufwand bzw. Qualität sowie ganz besonders nach der Auflagenhöhe. Daran kommt keiner vorbei. Besonders hoch waren bei diesem Buch der Produktionsaufwand und die Produktionskosten, gemessen an der doch sehr niedrigen Auflage.

Im Vergleich zur Biographie, deren Verkaufspreis sich seit 15 Jahren trotz allerorts gestiegener Kosten nicht verändert hat, besitzt das neue Buch einen durchgehenden Farbanteil und doppelt so viele Seiten, außerdem einen sehr kostspieligen Einband. Nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten wäre es sicherlich weitaus vorteilhafter gewesen, Umfang und vor allem Qualität drastisch herunterzufahren und damit unter 40 oder 35 Euro zu bleiben.

Aber wir wollten nun mal ein Buch, das Wolfgang gefallen würde, das uns gefällt und das mehr hat als einen Pappendeckel als Einband. Was hat Wogü immer gesagt: „Jungs! Halbe Sachen sind nicht unser Ding!“

Download:

Beispielkapitel (Korrektur PDF mit Anmerkungen)

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Siehe auch:

Neues Buch über Wolfgang Güllich erschienen

Tilmann
Tilmann Hepp

Balli
Thomas Ballenberger

Cover
Wolfgang Güllich
“Klettern heißt frei sein”

QuelleText: Martin Joisten, Tilmann Hepp, Fotos: Archiv Hepp, Martin Joisten