Sarah Seeger gelingt eine Wiederholung von "Chrisu" (8c)

Im Folgenden berichtet Sarah Seeger über das Projektieren der Tour:

Fotostrecke: Sarah Seeger in Chrisu (8c)

Fotos: © Manuel Brunn

"Manchmal dauert es einfach etwas länger mit dem Durchstieg, und man fragt sich am Ende, wo jetzt eigentlich das Problem war. Mit der Begehung von “Chrisu” (8c) am Rottachberg im Allgäu geht für mich eine kleine unendliche Geschichte zu Ende, die mir einiges an Geduld und Enspannungsfähigkeit abverlangt hat.

Längst hatte ich aufgehört, die Versuche zu zählen, die Messeinheit war von Tagen zu Monaten zu Jahren gewechselt. 2009 boulderte ich zum ersten Mal durch Chrisu, allerdings nur ganz kurz, dann kam der Winter. Im zweiten Jahr gings schnell bergauf, und ich fiel zum ersten Mal beim Zug zum guten Henkel kurz vor der Umlenkung, in ca. 25 Metern Höhe, nach rund 30 anhaltenden Zügen, zwischen denen man sich kaum erholen kann.

Cool, dachte ich mir, das gibt ja eine schnelle Begehung. Falsch gedacht. Den Henkel berührte ich in diesem Jahr zwar noch ein paar Mal, aber oft kam ich nicht einmal mehr über den Einstiegsboulder, und ich konnte mir nicht erklären, warum. Frustrierend.

Dann kam der Umzug von München ins Frankenjura, der Aufwand für die Tour wurde deutlich größer und die Motivation leider geringer. Die wenigen Tage, die ich im dritten Sommer am Rottachberg verbrachte, reichten einfach nicht aus, um wieder richtig in die Tour reinzukommen. Egal, dachte ich mir, in Franken stehen erstmal genug Projekte vor der Haustüre.

Aber ganz loslassen konnte ich Chrisu natürlich nicht. Und so pilgerte ich auch im vierten Sommer wieder ins Allgäu. Es lief gleich überraschend gut, den Einstiegsboulder konnte ich besser klettern denn je und die Ausdauer reichte auch, um wieder einmal den Henkel zu berühren – zum insgesamt 11. Mal, die Versuche, in denen ich weiter unten gefallen war, nicht miteingerechnet. Und dann setzte der Kopf wieder ein.

So schnell die Motivationskurve nach oben gezeigt hatte, so schnell stürtzte sie wieder in den Keller. Vor jedem Versuch saß ich am Einstiegsband, und mir graute vor den ersten drei schweren Zügen. Warum tut man sich so was eigentlich an? Immer wieder zur gleichen Tour laufen, die gleichen Bewegungen machen, an den gleichen Zügen fallen? Das habe ich mich ziemlich oft gefragt.

Ein Teil der Antwort ist sicher die Freude, die sich nach dem letztlich erstaunlich leichten Durchstieg einstellt. Aber es gibt auch noch eine andere Erklärung: Man tut es auch für die vielen Menschen, die diese kleine persönliche Odyssee von Anfang an begleitet haben, mit Zuspruch, Motivation, Begeisterung – und vor allem immer mit der nötigen Portion Humor und Witz. Danke Euch!"

QuelleMarmot, Fotos: Manuel Brunn