Stefan Glowacz: “Ein Kletterleben reicht nicht”

Stefan Glowacz ist gerade von einer Expedition in Venezuela zurückgekehrt. Im Interview erzählt der 45-jährige über seine Erlebnisse am Fels, neue Projekte und - als Garmischer ein Muss - die Olympiabewerbung 2018.

Einer, der mit Dir auf Tour hätte gehen sollen, war Kletterlegende Kurt Albert. Leider ist er beim Klettersteiggehen abgestürzt. Was hat Euch dazu bewegt, die Expedition dennoch zu machen?

Als wir im Frühjahr noch gemeinsam mit Kurt unterwegs waren und dann die Expedition unterbrechen mussten, haben wir die ganze Ausrüstung am höchsterreichten Punkt hängen lassen. Für uns drei war vollkommen klar, dass wir zurückkehren und die Erstbegehung beenden werden – egal ob mit Film oder ohne Film. So eine tolle Kletterei und so eine tolle Wand haben wir selten gefunden. Wenn dann nicht am Anfang hochkommt, ist es völlig klar, dass man nochmal hinfährt und das Projekt beendet. Diesen Entschluss haben wir zusammen mit Kurt getroffen, bevor wir uns im Frühjahr zum Abbruch entschieden haben. Schließlich haben wir es dann auch zu zweit gut hinbekommen, auch wenn Kurt natürlich emotional und in unserem Geiste immer dabei.

Ihr habt die Route "Behind the Rainbow" genannt. Vor der Abreise sagtest Du "es könnte sein, dass wir einen Namen in Anlehnung an Kurt finden." Und wie ist nun die Verbindung von Routenname und Kurt Albert?

Der Routenname hat eigentlich nur für uns persönlich eine Anlehnung an den Kurt. Wir haben von vorneherein gesagt, wir werden diese Route nicht "Kurt-Albert-Gedächtnis-Weg" oder "Kurt”s way to heaven" oder irgendetwas anderes Pathetisches nennen. Wir haben sie deshalb ganz bewusst "Behind the rainbow" genannt, weil wir eigentlich jeden Tag hinter einem Regenbogen kletterten. Zudem hat Holger ein Bild von Kurt, auf dem er unter einem Regenbogen steht und ihn scheinbar hochstemmt. Holger hat zudem Kurts Leben immer als einen bunten Regenbogen beschrieben. Somit haben wir für uns eben diese Brücke geschlagen, dieser Regenbogen, der einerseits das Leben vom Kurt symbolisiert und andererseits unser ständiger Begleiter auf dieser Tour war.

Wie lange willst Du noch so extreme Expeditionen machen?

Puh, ich denke, da wird ein Kletterleben nicht ausreichen. Ich glaube, wenn wir einmal in Kiste steigen, klettern wir in der anderen Welt weiter. Wir haben noch so viele tolle Ideen und Möglichkeiten, auch was zukünftige Projekte angeht, dass wir uns gerade die Rosinen rauspicken können. Wir wissen aber natürlich auch, dass wir mit Sicherheit nicht mehr alle Ideen verwirklichen können. Was wir betreiben ist auch ein Hochleistungssport und der hat seine eigenen Gesetze. Man ist nur bis zu einem gewissen Alter entsprechend leistungsfähig. Dadurch werden sich die Ziele mit der Zeit verändern. Man wird dann vielleicht nicht mehr den zehnten Schwierigkeitsgrad klettern, sondern stattdessen Überschreitungen und Durchquerungen machen. Momentan liegt der Hauptfokus aber noch auf der schweren Kletterei.

Welche Projekte sind für 2011 geplant?

Ende April werde ich mit David Göttler, einem der erfahrensten und besten Himalaya-Bergsteiger Deutschlands, nach Szechuan aufbrechen, um dort eine Wand an einem noch unbestiegenen Berg zu klettern. Die ganzen Vorbereitungen waren sehr aufwendig, gerade logistisch. Die Täler sind schließlich gerade erst von der chinesischen Führung freigegeben worden. Das wird wieder etwas Neues. Ich war noch nie im Himalaya und es ist deshalb nicht nur eine neue Erfahrung, sondern auch eine Entdeckungsreise. Dort gibt es wahrscheinlich viel mehr Potential, als die Wand, die wir jetzt herausgefunden haben.

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überArtikel zum Stichwort Olympia bei den Netzathleten
QuelleNils Borgstedt, Foto: Klaus Fengler