Angy Eiter in 'Madame Ching' (9b) (c) Raphael Pöham/ASP Red Bull/Red Bull Content Pool
Angy Eiter in 'Madame Ching' (9b) (c) Raphael Pöham/ASP Red Bull/Red Bull Content Pool

Angy Eiter hat in der österreichischen Kletterszene Legenden-Status. Dem wird sie auch mit ihrem aktuellen Projekt auf einer relativ unbekannten, aber harten Route in ihrer Heimat mehr als nur gerecht.

Nach ihrem sagenhaften Aufstieg einer 9b in Spanien 2017 fand sie mit der Madam Ching-Route in Tirol einen würdigen Nachfolger. Die Wahl ist das Resultat der globalen Situation, die sie und ihren Ehemann Bernie Ruech (der die Route 2018 absicherte) dazu zwang, ihre Herausforderungen in der Heimat zu suchen.

Die Route war frei von Spuren, womit sich die Suche nach Greifoptionen und Bewegungsabläufen für Angy als spannende Herausforderung entpuppte. Doch Angy Eiter weiß, was sie tut, gehört sie doch seit ihrem ersten Sieg bei einem World Cup-Event im Jahr 2003 zur Speerspitze des Sports; auch wenn sie 2008 durch eine Schulterverletzung einen Rückschlag erlitt.

Vier World Cup-Titel, vier Weltmeisterschafts-Goldmedaillen und einen Europameisterschafts-Sieg später hat Angy ihre Inspiration noch immer nicht verloren. Das bewies sie vor allem mit ihrer Besteigung einer 9b-Route in Villanueva del Rosario (Spanien). Dort bezwang sie die La Planta de Shiva als erste Frau der Welt.

Angy Eiter in 'Madame Ching' (9b) (c) Raphael Pöham/ASP Red Bull/Red Bull Content Pool
Angy Eiter in ‘Madame Ching’ (9b) (c) Raphael Pöham/ASP Red Bull/Red Bull Content Pool

“Madame Ching erinnert an die 9b bei La Planta de Shiva, da sie von rechts nach links rauf auf den Überhang führt”, erklärt die 34-Jährige.

“Die beiden Männer, die die La Planta de Shiva vor mir bestiegen hatten, waren bedeutend größer, also musste ich meinen eigenen Weg finden. Ich musste mir überlegen, welche Griffe ich nehmen kann und wie ich meine Füße positioniere, um Bewegungen zielführend ausführen zu können. Zudem musste ich den Dirt von Gestein und gebrochenen Griffen entfernen.”

“Der Felsen war fragil und Bernie verwendete Klebstoff, um einige Griffe zu reparieren.”

Um sich auf einen Climb ins Unbekannte adäquat vorzubereiten, musste Angy in der Halle trainieren, um sich die Route im Geiste vor Augen zu führen und den physischen Voraussetzungen nachzukommen. Fingerkraft und Körperagilität mussten in Harmonie zusammenarbeiten.

“Nach meiner Verletzung im Jahr 2008 hatte ich etwas Respekt davor, hart zu pushen, aber am Ende hat sich das Selbstvertrauen wieder entwickelt. Seit 2014 hatte ich mit Sehnen-Problemen im linken Oberschenkel zu kämpfen. Mittlerweile schmerzt auch das rechte Bein.”

“Ich kann nicht mehr von Felsbrocken springen. Die Verletzungen sorgen dafür, dass ich nahezu täglich Therapie machen und andere Strategien und Techniken finden muss, um mich zu bewegen, ohne diese Muskeln zu beanspruchen.”

Angy Eiter in 'Madame Ching' (9b) (c) Raphael Pöham/ASP Red Bull/Red Bull Content Pool
Angy Eiter in ‘Madame Ching’ (9b) (c) Raphael Pöham/ASP Red Bull/Red Bull Content Pool

Am Ende mischten auch die Wetterbedingungen kräftig mit. “Der Tag des Aufstiegs war seltsam”, erinnert sich Angy. “Zwei Tage zuvor schien die Sonne und ich war guter Dinge, dass ich die Route bei annehmbaren Bedingungen vorfinden würde. Ich fühlte mich kräftig. Als ich aber ankam, war der Felsen total durchnässt. Glücklicherweise wartete ich eine Stunde. Ich trocknete die Griffe mit einem Tuch und es kam starker Wind dazu, der die Route austrocknete. Dafür kam eine Gewitterfront beängstigend nahe. Es war nicht einfach, da ich wusste, dass ich es machen muss, da ich sonst in den Starkregen kommen würde. Etwa fünf Moves vor der Spitze fühlte ich Regen auf meiner Haut, aber der letzte Teil war Gott sei Dank einfach.”

Angy brauchte etwa 100 Bewegungsabläufe, um am Ende oben anzukommen. Für einen größeren Kletterer wäre die Sache einfacher gewesen. Mit einer Körpergröße von 1,55 Metern fand Angy in Tirol damit ihre ganz eigene Challenge.

“Ich hätte nie gedacht, dass ich diese Route noch einmal probieren würde und ich hatte das Gefühl, dass es nicht möglich wäre, die gesamte Linie zu Ende zu bringen. Aber Madame Ching war eine chinesische Piratin, sie legte sich mit vielen starken Nationen an, während ich mich mit schwierigen Routen anlege. Ich bin nicht die stärkste Frau und ich bin klein, doch bin ich glücklich darüber, dass ich anderen Frauen zeigen kann, dass auch sie es schaffen können.”

QuelleMatt Ogborn, Fotos: Raphael Pöham/ASP Red Bull/Red Bull Content Pool