Alexander Wenner im Gespräch mit dem Pfälzer Kletterpionier Hans Laub

Im heimatlichen Sandstein und den Nordvogesen hat Hans Laub in vielen Jahren weit über 1000 neue Kletterwege eröffnet. Darüber hinaus wurde von ihm Neuland in über 250 Routen in den Südvogesen, Luxemburg und im Battert erschlossen. Alex Wenner hatte Gelegenheit, sich mit Hans Laub zu unterhalten.

Hans Laub bei der Erstbegehung von der Himmelsleiter am Heidenpfeiler 1960Hast du auch während des 2.ten Weltkrieges geklettert? Die Masse deiner Neutouren entstanden danach, viele mit Fred Frey.

41 gings zurück aus Reutte. Die Anfangsjahre im Krieg waren nicht so schlimm,die Versorgung war gut, erst zum Ende hin, wo klar wurde, das wir den Krieg verlieren, wurde es auch für uns gefährlich. Frankreich war besetzt, da war es erstmal ruhig hier. Das war die Zeit der Normalwege. Schlimm wurde es in der Normandie, da war ich 16 und die jungen, die zu Ende des Krieges eingezogen wurden, waren Kanonenfutter.

Erzähl uns über deine Erlebnisse deiner Erstbegehungen am Pferchfeld – Die beiden klassischen Südrisse (beide 1955), vor denen heute junge Kletterer eine gehörige Portion Respekt haben, sind von dir!

1971 war das Toni Hiebeler Treffen in der Pfalz am Drachenfels und er hat mich gefragt, ob wir 3 Tage zusammen klettern. Wir haben uns paar Touren angesehen, etliche Felsen, aber am Pferchfeld, sagte er: hier müssen wir uns nicht mehr weiter umsehen und weitersuchen. Das sind genau die beiden Touren, die das Klettern ausmachen und für eine Demonstration des Klettersports beeindruckend genug waren. Etliche gute Kletterer aus meiner Zeit waren am Pferchfeld, keiner vorher wollte diese Linien erstbegehen. Das sind eigentlich in der Pfalz die Risse, die dem sächsischen Rissklettern ziemlich nah kommen.

Die grandiose Himmelsleiter am Heidenpfeiler, die Bogenverschneidung an den Drei Felsen, der DAV Weg am Bruchweiler (alle 1960) oder der Dezemberweg am Rödelstein (1954) sind von dir – alles 4 Sterne Touren -hattest du ein geschultes Auge für aussergewöhnlich lohnende Linien oder mussten die sich über die Jahre auch erst noch abklettern und waren so wie viele Neutouren heute, sandig und bröselig?

Die Felsqualität dieser Touren war damals schon einmalig, da war nix sandig oder bröslig. Wir suchten natürlich meistens die Risse und Verschneidungen, die glatten Wände wurde erst später erstbegangen. Wie die Sachsen schon sagten: Riss ist Leben, der Harry Rost sagte, aus einem Riss kann man nicht rausfallen und Manfred Sturm äusserte sich äusserst begeistert über den DAV Weg und war, da dies kein Riss war, beeindruckt über die Absicherung und über die Qualität. Es gab nur paar geschlagene Haken.

Was ist deine persönliche Lieblingsroute in der Pfalz?

Als Wegesammler ist das schwierig zu beantworten, ich habe über all die Jahre auch abseits von der Pfalz mehr als 10.000 Wege geklettert. Der Franz Seiler Gedächtnisweg gehört dazu. Franz war ein Jugendfreund von mir und da der Jungfernsprung inmitten von Dahn steht, war das für die Bewohner damals eine Sensation, dass wir da raufklettern.Von der Straße aus haben sie der Erstbegehung zugesehen. Ich habe diese Route Franz gewidmet.

Du hast begonnen deine Erfahrungen aus der Pfalz aufs Alpenklettern zu übertragen. War die Pfalz lediglich ein Trainingsgebiet für die langen und gefährlichen Alpentouren – alleine an den Zinnen in den Sextener Dolomiten hast du mehr als 22 Touren geklettert.

Ja, die Pfalz war schon Trainingsgebiet für uns, als Vorbereitung habe ich es betrachtet. Gerne sind wir in den Wilden Kaiser und in die Dolomiten, da hab ich alle damaligen Klassiker gemacht, Fleischbank Südost, die Dülfer, die Buhl an der Mauk mit Dietrich Hasse zusammen, die Rittlerkante, die Schühle Diem/Hasslacher Beringer am Predigstuhl. Totelkirchl West mit dem Nasenquergang war für mich die Schönste. In den Dolomiten die Comici an der Großen Zinne, die Cassin, die Süd an der Marmolada.

Wie habt ihr fürs Klettern generell trainiert?

Wir haben nicht bewusst fürs Klettern trainiert, ab und an hatten wir Gymnastik gemacht oder Klimmzüge am Rahmen. Für uns war die Freude, der Spass an den Linien vorrangig. An den Wochenenden gings an einen Fels und glaubten auch und waren sicher, dass dies für die langen Alpentouren ausreichte. In den Anfangsjahren fuhren wir mit dem Fahrrad von Pirmasens an die Felsen, auch an die in Süddeutschland oder im Elsass, das hatte auch gut trainiert.

Was war deine gefährlichste Situation in deiner langen Laufbahn – hattest du kleinere Unfälle oder Abstürze während dieser Zeit und Schutzengel?

Klar, ich habe mir beim Klettern in der Pfalz zwei mal die Arme gebrochen. 3 x bin ich auf den Boden gefallen. Am Zimmerfels am Fersenweg hab ich mir die Ferse gebrochen beim Absturz. Es waren nur 4-5 Meter Stürze, aber es reicht um sich zu verletzen. Dem Herbert Buchmann hab mit dem Hammer, der am Handgelenk hing ein Loch dabei in den Kopf geschlagen, als ich in der Braut und Bräutigam Talwand auf die Strasse gefallen bin und ihn dabei gestreift habe.

Dein Jubiläumsriss – der Inbegriff der Risskletterei-aus dem Jahr 1960 am Nonnenfels ist ohne Frage deine berühmteste Erstbegehung. Güllich hatte 1977 die erste freie Begehung geschafft, nachdem Reinhard Karl knapp scheiterte, Rotkreis zu der Zeit. Viele Jahre später, in den 80zigern, kletterte Peter Lischer den Jubi-Riss Free Solo, über Mühes Idealausstieg. Das ist ja auch heute noch ein anspruchsvolles Testpiece für einen Pfälzer Kletterer und heutzutage kann man den Riss mit Rocks und CAM´s pflastern! Macht dies den Unterschied aus oder habt ihr euch den Riss hochgenagelt? Kannst du zur Erstbegehung was sagen. Wie habt ihr den Riss abgesichert? Heute gilt ein Rock 5 als elementar.

Für mich ist es DIE Linie, die man sich im Klettern vorstellt – beeindruckend. Da hatten wir schon die Knotenschlingen, wieviele weiss ich nicht mehr. Es waren nicht viele, aber wir haben die auch zur Fortbewegung genutzt – die schwierigste Stelle mussten wir auch frei klettern, weil da kein Knoten passte. Den Jubiläumriss hab ich nur einmal bei der Erstbegehung geklettert, danach nie wieder. Es gab so viele Ziele und Pläne, wir wollten andere Routen sammeln, da wir ja auch in den anderen Gebieten aktiv waren, zb am Battert hatte ich damals ausnahmslos alle Wege geklettert, ich war Wege-Sammler, auch die Schiffüberhänge hatten wir geklettert. Und da war es uns wichtig nicht nur die extremen Touren zu klettern, wir kletterten auch die 2er und schönen 3er Wege. Ich wollte auf den Spuren der Pioniere wandeln, es ging nicht nur um den sportlichen Aspekt, sondern auch um Freude und Genuss.

Vom Klassischen Klettern zur Moderne – die Blütezeit des Sportkletterns in den 70ern. Kletterer erschienen, die die Freikletteridee aus den USA und aus dem Elbsandstein auf die Pfalz übertrugen.

Ich habe das von Anfang an akzeptiert und auch bewundert. An der Langmühle im Rudolf Keller Haus war eine Zusammenkunft von vielen sehr guten Kletterern. Goedecke, Oskar Bühler, Kubin kamen, Güllich war nicht da. Kubin schrieb im Alpinismus über die Superlative, schrieb aber nicht, dass die Ringe von oben gesetzt wurden und viele Versuche vorausgingen bis zur freien Begehung. Die Freikletterer sagten: wir wollen keine Regeln. Eine Regel war : Erschliessen von unten, kein Auschecken von oben, kein Magnesia. Referenz für mich waren die Pumprisse im Kaiser – keine nachträglichen Haken in den Pumprissen war eine Forderung – und das war auch eine Regel. Wir sind alle gebunden an Regeln, wie bei allem im Leben. Dann kann ich auch abseilen und in die Superlative Haken dazusetzen, wenn es keine Regeln gibt. Es kam nicht zu einer Einigung. Was man aber nicht vergessen sollte. Ein Fred Frey war 1932 ein Güllich seiner Zeit, auch schon ein super Freikletterer, die Leistung ist immer an die jeweilige Zeit gebunden, auch von den Ideen, war er Protagonist und ist ganz oben mitgeklettert gemessen an den anderen Kletterern weltweit.

1
2
3
QuelleAlex Wenner, Fotos: lvaro Forrero, Archiv Laub