Bhagirathi III (6454m) Expedition im Frühjahr 2001

Anreise: Nach der Ankunft in Neu Delhi benötigten wir vier Tage für die Erledigung der Formalitäten:Kontaktaufnahme mit der AgenturBriefing bei IMFAuslösen des Frachtgutes(Trotz Hilfe der Agentur dauerte es 2 ½ Tage)1. Tag Fahrt mit dem Bus der Agentur nach Rishikesch 2. Tag Weiterfahrt nach Gangortri 3. Tag Abmarsch mit 35 Trägern nach Bhoybasa (3750m) Hier erkrankte erst einmal das gesamte Expeditionsteam. Starker Durchfall quälte uns 3 Tage lang und konnte nur mit starken Medikamenten in den Griff gebracht werden. Zur Vorbeugung ist es deshalb empfehlenswert sich von Delhi bis ins Basislager nur selbst zu verpflegen. Die Gefahr auf dem Anmarschweg durch schlechte Nahrung krank zu werden ist extrem groß! 6. Tag Erreichen des Basislagers auf der Hochfläche “Nandavan” (4350m) Bis auf ca. 4000m lag noch sehr viel Altschnee, wobei die Westwand am Bhagirathi III erstaunlich aper war. Wahrscheinlich hatte es in der letzten Zeit nur in mittleren Höhenregionen geschneit. Die Sonneneinstrahlung tagsüber war sehr hoch, so dass an den wenigen Schönwettertagen das Thermometer im Basislager 20 Grad+ erreichte. In der Nacht sank es meist unter den Gefrierpunkt.In den ersten Basislagertagen herrsche Schönwetter vor. Der Südwestpfeiler des Bhagirathi III war so gut wie schneefrei. Zu dieser Zeit wären optimale Verhältnisse für einen Durchstieg gewesen. Eine französische Expeditionsgruppe erreichte den Shivling Gipfel über den Westgrat. Sie berichteten von herrlichem und stabilem Wetter im April. Nach dem Errichten des Hochlagers, direkt im Westwandbecken auf 4900m, fanden Robert und Rainer einen günstigen Weg zum Einstieg des Pfeilers. Die ersten Seillängen konnten mit Kletterschuhen in Freikletterei recht problemlos mit Fixseilen eingerichtet werden. Doch bald schon schlug das Wetter um. In der Folge wurde es extrem unbeständig und gewitterhaft. Die Schneefälle, bis auf 4500m herunter, häuften sich, so dass ein Vorwärtskommen in der Route immer schwieriger wurde. Im unteren, westseitig ausgerichteten Teil, lag nun sehr viel Schnee, der sich auch über den ganzen Expeditionszeitraum nicht mehr löste. Durch das ständige Steigen und Sinken der Temperatur bildete sich sogar Eis in den Rissen. Wir mussten jetzt sehr oft mit Steigeisen und Eisgeräten klettern. Aus diesem Grund lag die Tagesleistung bei maximal zwei Seillängen. Auch Robert Jasper, ein Spezialist im Mixtgelände, erging es nicht anders. Fast in einer Regelmäßigkeit kamen nachmittags Gewitter und Schneefälle die den Pfeiler in den flacheren Passagen bis zu 15 cm mit Neuschnee überzogen. Die unabdingbaren Rückzüge aus der Wand und das wieder Hochjümarn zum Umkehrpunkt kosteten sehr viel Energie und Nerven, trotzdem kamen wir vorwärts. Nach 7 Seillängen erreichten wir die eigentliche Gratkante am Südwestpfeiler. Wir hofften nun durch die mehr südseitig ausgerichtete Kletterei schneller vorwärts zu kommen. Auf 5600m bauten wir einen Biwakplatz mit Portaledge aus, um von hier den oberen, senkrecht bis überhängend aufragenden Pfeiler, angehen zu können. Leider wurde zu diesem Zeitraum Robert Jasper krank (Höhenhusten) und konnte uns nicht mehr unterstützen. Ähnlich erging es Jochen Schmoll. Beide waren zum Basislageraufenthalt gezwungen. Mit Rainer Treppte versuchte ich die Route weiter voranzutreiben, doch die Wetterlage veränderte sich nicht gravierend. Ganz im Gegenteil, die Gewittergefahr stieg an. Unser Plan war, nach Erreichen des Pfeilerkopfes, die Route im Alpinstil zum Gipfel fortzusetzen, was in viertägiger Kletterei vom Biwakplatz aus auch gelang. Wir richteten nochmals 8 Seillängen, direkt an der Pfeilerkante, mit Fixseilen ein. Mit weiteren 2-3 Seillängen hätten wir leichteres Gelände und den Pfeilerkopf erreicht. Doch die häufigen Wetterumschwünge, die Krankheit von Robert und Jochen und die Einsicht, dass eine Freikletterei auf Grund der vereisten Risse und Kälte nicht mehr möglich ist, ließen Rainer und mich zu einem Rückzug entscheiden. Es war einfach zu gefährlich dort oben in einem Inferno stecken zu bleiben. Nach weiteren zwei Tagen in der Wand hatten wir alle Fixseile und Sicherungsmaterialien wieder am Einstieg. Oft ist es so, dass am Ende einer gescheiterten Expedition das Wetter gut wird. Doch nicht einmal dies trat ein. Es schneite, regnete und blitzte bis zu unserer Abreise.Fazit: Die Idee einer Erstbegehung des direkten Südwestpfeilers am Bhagirathi III mit dem Versuch einer freien Durchsteigung konnten wir auch beim zweiten Anlauf nicht verwirklichen. Es lag nicht an der Einstellung, oder an der Zusammenstellung des Teams. Vielmehr gehört, gerade bei diesen klettertechnischen Schwierigkeiten, eine große Portion Wetterglück dazu, das wir leider nicht hatten. Wir versuchten alles um den Gipfel zu erreichen. Ein noch höheres Risiko dort oben einzugehen hätte bedeutet, die Gesundheit und möglicherweise sogar das Leben der Mitglieder auf das Spiel zu setzen. Da die Sicherheit bei uns aber an oberster Stelle stand, vertreten wir alle die Meinung, dass die Rückzugsentscheidung die richtige war. Ich bin immer noch der festen Überzeugung, dass diese Route eine der schönsten und schwierigsten Kletterrouten im Himalaya wird und bis auf wenige Stellen, mit der gewählten Absicherung durch Bohrhaken, frei kletterbar ist.Ein großes Ziel, das für mich immer noch nicht abgeschrieben ist. P.S.: Eine Dokumentation wird vorraussichtlich Ende Dezember/Anfang Januar 2002, in der Sendung “Bergauf-Bergab” im Bayerischen Fernsehen gesendet. Der genaue Termin steht noch nicht fest, wird aber auf der Hompage frühzeitig bekannt gegeben.

QuelleWalter Hölzler