Die Südwest-Wand des Hohensteins, mit 2319m der höchste Berg des Erongo-Gebirges in Namibia, bietet spektakulär ausgesetzte Granitbänder. Vier Kletterer aus Bayern haben sich aufgemacht, um die Klettermöglichkeiten in der Heimat von Leopard und Steppenadler zu erkunden. Wir folgen einem alten Pfad der Buschmänner durch den Boulderforest am Fuße des Hohensteins, der sich durch zahllose Granitblöcke schlängelt, die sich zehn Meter und höher auftürmen. Hier warten noch heute filigrane Buschmannzeichnungen auf ihre Entdeckung und hier hätte das Bouldern erfunden werden können. Doch es drängt uns weiter, die kühlen Morgenstunden sind kostbar und unser Ziel ist ein anderes: die Granitplatten oberhalb des Boulderforest. Wir erkunden den ganzen Tag, mit und ohne Fernglas, untersuchen jeden Riss, jeden Überhang, jede Abruchkante. Gegen Mittag machen wir Rast am oberen Ende der Reibungsplatten, dort steilt sich die Wand merklich auf. Endlos schauen wir in die Weite der Namib. Die Hohenstein-Lodge, in der wir für diese Woche unser „Basislager“ errichtet haben, ist mit bloßem Auge kaum erkennbar. Dahinter das trockene Flussbett des Davib, im Westen die Spitzkoppe, im Süden das Khomas Hochland, und dazwischen nur flache Wüste. Das Hohensteinmassiv (Höhe 2319m) ragt 1400 m aus der Namib-Ebene, formt im Nordteil drei schroff abfallende „Zinnen“, im Südteil zwei Hauptgipfel mit fantastischen südwestlich exponierten Granitriegeln und –platten, unser Kletterziel. Im letzten Jahr hatte Martin den Berg entdeckt und Alarm geschlagen. Während im Gebiet der Spitzkoppe, in Ameib im Süden sowie im Omandumba bereits erste Klettertouren erschlossen und eingerichtet sind, blieb der Hohenstein, das Dach des Erongokomplexes, bislang unbeachtet. Lange suchen wir nach der richtigen Linie und diskutieren viel. Es gibt zahllose kletterbar erscheinende Rißspuren, doch wir haben nur eine Woche Zeit. Dann einigen wir uns: Zunächst der Linie eines markanten weißen Wasserstreifens folgend über die untere Reibungsplatte, dann in möglichst gerader Linie durch den steileren zentralen Teil bis zur Hochterasse in Wandmitte, ab dort sieht es leichter aus. Thomas hat bereits einen gangbaren Weg zur Terasse ausgekundschaftet, so dass wir die schwierigeren Passagen mit Fixseilsicherung von oben erkunden können. Wir arbeiten in zwei Teams, jedes mit einer Bohrmaschine. Das Material bestehend aus ca. 60 Bohrhacken und umfangreichen mobilen Sicherungsmitteln, von Thomas vorzüglich vorbereitet, wird am Beginn der Kletterei versteckt deponiert. Nur Akkus und Wasser gehen mit auf den täglichen Aufstieg. Am nächsten Tag bohren wir vier Seillängen auf der Reibungsplatte ein und richten eine Abseilpiste ein. Schnell merken wir die Folgen der Sonne und des Windes: die vier Liter Wasser halten bis mittags, nicht länger. Martin gelingt bei der Rückkehr zu unserem Auto der Clou des Tages, er zaubert kühles Bier aus dem völlig aufgeheizten Geländewagen. Ein Wagen mit Kühlschrank sorgt in Afrika für die richtige Wohlfühlstimmung. In der Hohenstein-Lodge warten schon unsere Gastgeber, Familie Tscharnke, mit Gamedrives (Pirschfahrten), gutem Abendessen und noch mehr kühlem Bier. Der steilere Wandteil schenkt uns mehr Schatten, dafür ist unser Kletterkönnen auch mehr gefordert. Langsam arbeitet sich Maximilian die glatte Wand hinauf, klettert jeden Zug frei mit umgehängter Bohrmaschine. Es gelingen zwei schöne Seillängen im sechsten Grad, bevor uns ein Starkregen-es ist kleine Regenszeit- in die Flucht schlägt. Die Granitplatten verwandeln sich in gewaltige Abflusschneisen, wir bangen (grundlos im nachhinein) um unsere Bohrmaschinen, die unter einem Überhang am letzten Stand deponiert sind. Bei einem Ruhetag in Swakopmund sehen wir in einer Buchhandlung den Titel „Durst und Dornen“, unisono Übereinstimmung, der Titel passt zu unserer Klettertour. Frühmorgends treffen wir beim Aufstieg Friedrich, er hat auf uns gewartet. Er sieht aus wie siebzig. „Er ist fünfundvierzig“, sagt uns Williwalda, die adrette Managerin der Lodge. Das Leben als „Miner“ hat ihn gezeichnet. Er schlägt uns ein Geschäft vor: „I can show you the easy way up“. Er hat uns im steilsten Teil der Wand gesehen, er kenne einen besseren. Wir schmunzeln und lehnen höflich ab. Dann bietet er uns seine Halbedelsteine an, die wir ohne zu verhandeln kaufen. Und schließlich bettelt er ein wenig nach unserer Schlagbohrmaschine. Viel besser seien die zum Edelsteinabbau geeignet als sein Hammer und seine Meißel. Doch diesmal bleiben wir hart. Friedrich und seine wenigen Damarakameraden, die mühsam nach Aquamarinen, Turmalinen und Berylen suchen, sind die einzigen Menschen im Erongo. Mit behelfsmässiger Bergausrüstung arbeiten sie wochenlang in den geneigteren Granitplatten. Wir teilen uns auf. Christian und Thomas klettern die letzte beeindruckende Seillänge durch eine Rissverschneidung, die den Durchstieg auf die Hochterasse vermittelt. Maximilian und Martin versuchen den Weiterweg zu erkunden. Sie queren den Felsriegel nach Norden. Dort entdecken sie das „Fenster zum Himmel“, wie Maximilian es tauft. Einen Pool, nach dem Regen der letzten Tage frisch gefüllt mit kristallklarem Wasser, umgeben von gelbem Savannengras, Baobabbäumen und mächtig aufragenden Gipfeln. Legt man sich hinein, so kann man badend über die Felskante in die Ebenen schauen. Doch die Klarheit der afrikanischen Luft ist trügerisch. Distanzen wirken kürzer, Wände kleiner, Hindernisse überwindbarer. Und so stehen wir um eine Erfahrung reicher am vierten Tag vor der Gipfelwand und müssen erkennen, dass diese eher zwei Wochen als die erhofften zwei Tage in der Erschließung dauern werde. Wir besinnen uns, verschieben den Gipfelsturm auf zukünftige Urlaube und wollen noch weitere Seillängen im besser zugänglichen unteren Wandteil erschliessen. Im letzten Licht seilen wir ab, über und unter uns kreist der Gaukleradler. An unserem letzten Tag gelingen uns noch zwei schöne Seillängen, die als Variante zur ersten Seillänge im zentralen Wandteil geklettert werden können. Sie wird Klippschliefer getauft nach einer heimischen Murmeltier-Art. Wir sind zufrieden, Kletterfotos werden geschossen. Nur Christian beäugt misstrauisch jedes heransummende Flugobjekt, er hatte am Vortag beim Aufstieg einen schmerzenden Wespenstich davongetragen. Die anderen wilden Tiere schrecken uns nicht mehr so wie anfangs, das Klatschen im Auf- und Abstieg haben wir bald nur mehr sehr sporadisch durchgeführt. Der Leopard hat uns auch so in Ruh gelassen, schade eigentlich, gesehen hätten wir ihn schon mal ganz gern. Es ist dunkel, als wir die Lodge erreichen. Heute ist Braai-Tag, es wird gegrillt für Gäste, Personal und deren Familien. Diese bedanken sich durch im Chor vorgetragene Gesänge. „N`kosi Sikele Afrika“ singen sie, das Lagerfeuer sprüht Funken in den afrikanischen Himmel. Im Mondlicht scheint der Hohenstein. Info Klettern Hohenstein: Anreise: Unterkunft: Charakter: Material: Kletterführer: Trekking: Karte: Siehe auch: |