Nach einem endlosen Klettertag standen Roger Schäli und ich am Ausstieg der Yeti- Route. Wir hatten zwar eine Wiederholung geschafft, der gesamte Rotpunktdurchstieg war uns aber verwährt geblieben. Die schwierigsten Seillängen sind erst in den letzten 250 Metern der insgesamt 1000 Meter hohen Wand anzutreffen, und zu allem Überfluss sind sie meist auch noch sehr kompliziert und meist nass, was psychologisch sehr ungünstig ist, da man nie weis ob der Griff noch hält oder wann man wegrutscht. Jeder Klettermeter frist Kraft und auch noch wertvolle Zeit, und wir waren schlussendlich froh , mit dem letzten Licht den Ausstieg ereicht zu haben. Die Italiener Andreas Gianni und Max Ghirondi hatten 1998 sehr gute Arbeit geleistet und eine phantastisch anspruchsvolle alpine Erstbegehung eröffnet. Für Eigernordwandverhältnisse ist der Fels erstaunlich gut. Trotz der Bohrhaken benötigt man Keile und Friends und es muss schon öfter man ordentlich weg steigen werden, nach dem Motto: Stürzen Verboten!
Die heißen Temperaturen unten im Tal ließen mal wieder Eigernordwandfeeling in mir aufkommen, Zeit die Yeti- Route noch mal näher unter die Lupe zu nehmen! Zwei Tage benötige ich um die Boulderpassagen zu entschlüsseln. Hat man dann das Bewegungsrätsel ein mal geknackt, heißt es die Züge einprägen. Bei der Routenlänge dürfen im entscheidenden Rotpunktdurchstieg keine größeren Fehler passieren. Dort oben ist man angezählt und die Reserven knapp. Am 16. Juli war es so weit, das Wetter stabil, keine Gewitter zu erwarten. Mit Stefan Eder dem die Anstrengung der letzten Führungstour zwar noch in den Knochen steckte, verlassen wir um 4 Uhr Morgens im Kegel der Stirnlampen die Station Eigergletscher. Über den unteren mühsamen und heiklen Teil der Nordwand kletterten wir seilfrei bis zum „Dynamitloch“. Dort seilten wir an. Alles lief planmäßig, die hohe Temperaturen unten im Tal ließen gute Kletterbedingungen zu, trotzdem war an schwitzen auch im Softshell nicht zu denken. Zugig gewannen wir an Höhe. Vor den entscheidenden Seillängen eine kurze Pause, nur so lange dass man nicht zu frieren begann, es war wichtig im Rhythmus zu bleiben und keine Fehler zu machen. Dass die Schlüssellängen nass waren wusste ich und wenn man sich damit arangiert hatte ging es auch im nassen rauen Eigerkalk. Ich denke es macht nicht einmal wirklich einen großen Unterschied schwierigkeitsmäßig, wenn man weiß dass es geht. Noch einmal ein letztes zittern vor dem Boulderdach in der letzten Seillänge, ich schnappe entschlossen die Leistchen, und nach 12 Stunden stehen wir am Ausstieg. Mir gelangen alle Seillängen im ersten Rotpunktversuch. Sonne, Wärme, Endspannung- ein geniales Abenteuer geht langsam zu Ende. Zwei Stunden später, beim kühlen Bier auf der überfüllten Kleinen Scheidegg lässt sich das gerade erlebte noch mal mit dem Eigerblick revue erleben. Jetzt ist die Eigernordwand auch aus der Ferne so richtig genial zum anschauen. Routen Info: Schwierigkeitsvorschlag: Vom Dynamitloch Seillängen wie folgend: Material: Siehe auch: |