KVÖ Lead-Spezialist Mathias Posch hängt die Kletterschuhe an den Nagel

Wenn in etwas mehr als einem Monat die Kletter-Weltcupsaison 2024 in China eröffnet wird, fehlt im Aufgebot des Kletterverband Österreich (KVÖ) ein klingender Name: Lead-Spezialist Mathias Posch hat seine Karriere beendet.

Der 24-jährige Tiroler konnte in der letzten Saison noch die Bronzemedaille bei den Europaspielen bejubeln und galt im Weltcup als Konstante, geht ab sofort jedoch beruflich andere Wege.

„Im letzten Frühling hatte ich mit einer Fingerverletzung zu kämpfen, von der ich mich nie wirklich erholt habe. Die ganze Saison war dann eher vermurkst. Im Klettern muss man enorm viel investieren, es geht eigentlich nur ganz oder gar nicht. Es war ein schleichender Prozess: Schon im Sommer und Herbst ist die Entscheidung gereift, ich habe gemerkt, dass ich nicht mehr die Motivation habe“, begründet Posch seine Entscheidung.

„Damit muss man leben“

Platz 28 beim Heim-Weltcup in Innsbruck war für den Imster das beste Weltcupergebnis 2023. Ein Jahr zuvor hatte er es 2022 noch zweimal in die Top-20 geschafft und zum Saisonabschluss mit Rang elf in Jakarta sein zweitbestes Weltcupergebnis nach Platz sechs in Briancon 2020 geholt.

Obwohl gerade in seiner Paradedisziplin Vorstieg auch Athlet:innen im höheren Kletter-Alter erfolgreich sind, hängt Posch im Alter von 24 Jahren die Schuhe an den Nagel. „Der Routenstil geht auch im Vorstieg immer mehr in Richtung Bouldern, es sind sehr viele New-School-Elemente dabei – das liegt mir nicht. Es ist teilweise frustrierend, wenn man enorm viel trainiert und investiert und bei den Wettkämpfen werden Sprünge oder große Elemente geschraubt und man wird nicht belohnt.“

Das solle jedoch keine Kritik am Routenbau oder den Entwicklungen sein. „Anderen liegt dieser Stil, jeder Sportler ist individuell. Außerdem ändern sich in vielen Sportarten Nuancen und einige profitieren, andere eher nicht. Damit muss man leben und sich darauf einstellen.“

Viel gelernt

Die Zeit im Wettkampfsport möchte Posch nicht missen. „Ich habe durch den Sport sehr viel gelernt. Vor allem in Sachen Disziplin und im mentalen Bereich, das hilft im späteren Leben sicher. Außerdem habe ich viele Menschen kennengelernt, die jetzt Freunde sind, sogar meine Freundin habe ich einst bei einem Jugendwettkampf kennengelernt“, schildert der Mechatronik-Student.

Sein Rücktritt hinterlässt eine Lücke im Lead-Team, das von Jakob Schubert angeführt wird. Der im Klettern vieldiskutierte Übergang vom Nachwuchs in den Erwachsenenbereich sei nicht leicht, sagt auch der einstige Jugend-EM-Bronzemedaillengewinner Posch.

„Bei mir ist es noch nicht so lange her. Am Anfang ist es extrem schwierig, das alles einzuordnen. In der Jugend feiert man bald einmal Erfolge und ist auf dem Podium. Im Weltcup sind es ganz andere Routen, das Feld ist viel dichter. Da bekommen viele eine auf die Schnauze und zerbrechen. Gut klettern kann man aber nur mit Selbstvertrauen, das muss man sich erst aufbauen und erarbeiten.“

Bronze zum Abschied

Der Abschied von der großen Bühne verlief für Posch äußerst versöhnlich, bei den Europaspielen in Krakau-Malopolska Ende Juni konnte er die Bronzemedaille gewinnen. „Da habe ich eigentlich schon gewusst, dass ich es wahrscheinlich sein lasse – vielleicht ist es genau deswegen mit der nötigen Leichtigkeit so gut gelaufen. Jedenfalls war es einer meiner coolsten Wettkämpfe und ein sehr schöner Abschluss.“

Dem Klettersport bleibt der Mann aus Imst erhalten. „Ich betreibe diesen Sport, seit ich klein bin. Diverse Verletzungen haben den Körper in Mitleidenschaft gezogen, ich gönne mir jetzt eine Pause und muss dann sehen, was neben Studium und Job möglich ist. Ich werde aber sicher weiterhin auf dem Felsen meine Routen gehen – und meine ehemaligen Teamkolleg:innen bei den Wettkämpfen anfeuern.“

Aus dem Erwachsenenkader hat neben Posch auch Louis Gundolf die Entscheidung getroffen, die aktive Wettkampfkarriere zu beenden. Er wird sich seinen großen Projekten am Fels widmen.

„Es ist unweigerlich mit einem gewissen Maß an Wehmut verbunden, wenn Athleten und Athletinnen, die über viele Jahre den Wettkampfsport mitgeprägt haben, sich früher oder später entscheiden, diesen hinter sich zu lassen. Wir möchten uns bei allen für den großartigen Einsatz bedanken und ihnen zu ihren Leistungen nochmals gratulieren. Rücktritte hinterlassen immer eine Lücke, persönlich wie sportlich. Sportlich gesehen kann dies aber auch eine Chance für junge Athlet:innen sein“, sagt KVÖ-Geschäftsführer Heiko Wilhelm.

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