Im Winter 2008/2009 startet Beat Kammerlander schließlich den Versuch. “Die Bürser Platte ist ein typisches Winterprojekt”, sagt er. “Man braucht Temperaturen zwischen null und zehn Grad, sonst sind die Finger zu weich und die Gummimischung der Reibungsschuhe würde auf diesen kleinen Tritten nicht halten.”



Das Projekt gelingt nicht gleich auf Anhieb. Kammerlander stürzt ein paar Mal in der Schlüsselstelle und muss immer wieder die Klemmkeile entfernen und von vorne beginnen. Am Tag der erfolgreichen Durchsteigung bleiben ihm noch zwanzig Minuten bis zum Sonnenuntergang. Eigentlich will er nur noch einen “Trainingslauf' absolvieren, doch dann gelingt ihm das Unmögliche.”Bei der geglückten Durchsteigung hatte ich in der Schlüsselstelle das Gefühl als würde ich konstant stürzen”, erinnert sich Beat Kammerlander. “Ich war so überrascht, dass ich wie ein Tropfen, der an der Decke baumelt trotzdem kleben bleibe. Du spürst du stürzt jetzt, aber Du kletterst einfach weiter. Dieser Urwille, den du in dieser Situation in deinem Bauch spürst, ist das was dir nachhaltig in Erinnerung bleibt und was dich stark macht. Wenn ich so eine Route klettere, dann fühle ich mich nicht wie fünfzig.”

Beat Kammerlander sieht seine Route “Prinzip Hoffnung' (E9-E10), als eines seiner ganz großen Highlights als Kletterer. “Neben den Erstbegehungen “Silbergeier', “Unendliche Geschichte', oder “Mordillo' (Free Solo im unteren zehnten Schwierigkeitsgrad), hat “Prinzip Hoffnung' in meiner persönlichen Entwicklung sicher gleich viel Stellenwert”, sagt er. “Bedeutende und motivierende Kletterprojekte sind für mich die Geschichten, bei denen ein Entwicklungsprozess in dir selbst notwendig ist, an dessen Ende die Tour steht. Und genau das war hier der Fall.”

Beat Kammerlander auf der Outdoor 2007Über Beat Kammerlander:
Beat Kammerlander (* 1959 Bludenz/Vorarlberg) zählt zu den besten Sportkletterern der Welt und hat maßgeblich zur Entwicklung des Klettersports beigetragen, insbesondere im alpinen Gelände.Seine Route Silbergeier zählte jahrelang zu den drei schwersten Alpintouren der Welt, der Trilogie, bis Alexander Huber mit Bellavista in der Westlichen Zinne-Nordwand im Jahre 2003 eine noch schwerere Route klettern konnte.Auch Beat Kammerlanders Unendliche Geschichte im Rätikon (1991) galt lange Zeit als die international schwierigste Alpine Route. Seine schwierigsten Sportklettererstbegehungen sind Speed (11-/11) und Missing Link (11) am Voralpsee in der Schweiz. Sein aktuelles Projekt Prinzip Hoffnung bewertet Beat Kammerlander mit 10/10+, E9-E10.

Über Clean Climbing:
Beim Clean-Climbing wird eine Begehung zusätzlich dadurch erschwert, dass alle Sicherungspunkte aus mobilen Sicherungsmitteln (Klemmkeile, Friends und ähnliche) bestehen und nach dem Klettern wieder entfernt werden. Der Zusatz Clean kennzeichnnet, dass die Begehung rein an mobilen Sicherungsmitteln stattgefunden hat, es kann also beispielsweise auch (wenn auch eher selten) eine Rotpunkt- oder a.f.-Begehung “Clean” erfolgen.Clean stellt zusätzliche Anforderungen an den Kletterer, da das Anbringen von mobilen Sicherungsmitteln mehr Zeit und damit mehr Kraft in Anspruch nehmen kann als das simple Einhängen einer Expressschlinge in einen Bohrhaken. Auf jeden Fall aber verlangt es Erfahrung, die Stellen (sogenannte “Placements”) zu erkennen, an denen die Sicherungsmittel sinnvoll eingesetzt werden können, und Vertrauen in die selbst gesetzten Sicherungen.

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QuellePlanet Talk, Fotos: Peter Mathis, Martin Joisten