Reini brauchte allein für den Schlüsselzug bestimmt eine Minute, vielleicht hat das Rausstrecken seiner Zunge dann endlich den Schwerpunkt nach vorn gebracht. Damit war am Ende dies die schwierigste durchstiegene Route. Übertroffen werden können hätte diese nur noch durch Reinis Projekt am Domacin. Trotz mehrtägiger Versuche, immerhin bis morgens sieben Uhr am Abfahrtstag im strömenden Regen, wollte sich das Stück 8a Fels nicht beugen. Na Reini, dein Biss zwingt dann ja wohl zu einem weiteren Besuch der Gegend.

Fotostrecke: Klettern in Montenegro

Am Troja bastelte ich mir derweil die Züge in meinem schwersten Projekt zusammen. Die ersten vier Meter waren für die Winzigkeit der Griffe reichlich komplex und leicht überhängend. Zwischen den Versuchen passierten viele Einheimische mit Kühen, Traktoren, Autos und vor allem immer lebhaften Interesse an unserem befremdlichen Tun den Weg am Fels, so dass es nie langweilig wurde. Am Ende reichte der letzte Versuch am Abend nur noch für eine Rotkreisbegehung.

Am Schluß der Woche waren alle Sektoren mittlerweile gut bestückt. Am Ali Pascha ergaben sich sogar Zweiseillängenrouten und lange Plattenschleicher. Hier unterwiesen wir dann auch mal die Kosovaren im Umgang mit dem Bohrer. Herausgekommen sind drei leichte nette Plattenrouten und ein Wissenstransfers in das jüngste Land Europas. Klettertechnisch wartet auch da Potential, denn die Bilder aus dem Rugova Canyon, ihrem Heimatklettergebiet bei Peja lockten fast, den Aufenthalt zu verlängern.

Die abendlichen  Zwischenbilanzen wurden immer besser. Es gab Rekorde: wie die längste Route von Bodo und Armin, die Schwerste, wurde ja schon beschrieben, die Leichteste, von Ralf oder Frank konnte nicht eindeutig bestimmt werden, aber eindeutig führend in der Anzahl gesetzter Haken war Ralf mit 80 Stück. Er nahm sich höchstpersönlich dem Sektor BlokNik an. Dieser dem Ali Pasini vorgelagerte Block besitzt nun reichlich Routen für Kinder, Ausbildung und Kurse. Alle erschlossen wie besessen und das Wetter gönnte uns auch keine Unterbrechung.

Nur vier von uns gönnten sich eine kleine Pause um mal vormittags Emails zu checken und Plav zu besuchen. Der etwas größere der beiden Orte im Tal bietet schon mehr als Gusinje, gerade wenn es um das Angebot an Cafés und Restaurants geht. Die Lage am malerischen See mit Bademöglichkeit und diversen kulturellen Highlights machen Plav recht attraktiv für einen Besuch. So findet man hier die älteste und neueste Moschee im Land, einen alten Wohnturm und reichlich traditionelle Gebäude.

Freitag war auch gerade Markt und das sollte man sich auch nicht entgehen lassen. Das Sortiment liegt zwischen Museum und Haushaltsauflösung, bietet aber auch frische Lebensmittel und anderes zu angenehmen Preisen. Auch beim Besuch in Gasthäusern jeglicher Art spielt die Preisspalte in der Regel keine Rolle. Aber die Realität holte uns in Form des Pinzgauers ein uns beförderte uns am frühen Nachmittag wieder vor die Felsen.

Langsam wurde es Zeit einen Plan für die letzten Tage zu entwerfen. Da wir für die Region etwas völlig Neues schufen, machte es Sinn unser Tun mit einer Abschlussveranstaltung erklärend zur Schau zu stellen. Am letzten Tag hatte unser Kontaktmann und Übersetzer Mensur alle wichtigen Personen der örtlichen Gemeinden samt Pressevertretern und einer Schulklasse zum Felsen bei Ali Pascha hinbeordert. So entstand ein rechtes Gewimmel bis dann einige Reden gehalten wurden.

Nach kurzer Demonstration des Sportkletterns konnten sich Interessierte selbst versuchen. Da gab es kein Halten für viele, unser grauhaariger Koch rannte förmlich die Wand hoch, Jugendliche bohrten mit Fragen, aber auch Ältere scheuten sich nicht zu klettern. Dabei auch jemand der meinte, er hätte deswegen extra seine Arbeit verlassen und muss sich beeilen, damit er keinen Stress mit dem Chef bekommt. Das klingt nach wahrem Einsatz. Die Schulklasse hatte Spaß am BlokNik und somit bekamen Ralf´s Routen wohl die meisten Begehungen.

1
2
3
4
QuelleRalf Gentsch