Trotz der widrigen Bedingungen kletterten 370 Teilnehmer im Alter von 6 bis 58 Jahren um die Wette, was ein neuer Teilnehmerrekord ist.
Fotostrecke: Münchner Stadtmeisterschaften 2010
Knapp die Hälfte der Teilnehmer war nicht älter als 16 Jahre alt. Das Wettkampfklettern erfreut sich gerade auch beim Nachwuchs sehr großer Beliebtheit. Das zeigte auch der Besucherandrang. Über 1000 Menschen bevölkerten das Kletterzentrum, Deutschlands größte Kletteranlage in München-Thalkirchen während der Stadtmeisterschaft.
Das grausige Wetter tat der guten Stimmung keinen Abbruch, wie der Film beweist. Sowohl Süddeutsche Zeitung als auch Münchener Merkur berichteten. Der Extremalpinist Hansjörg Auer bot am Abend eine Multivisionsshow.
Wie bleibt ein rohes Ei nach einem 20 m Sturz unversehrt?
Die Veranstalter (DAV-Sektion Oberland), unterstützt von der DAV-Sektion München und dem DAV-Kletterzentrum München, hatten die Kletterbegeisterten mit einer Vielzahl an Attraktionen gelockt: 12 Routen und 60 Boulder waren in der Qualifikation geboten. Klimmzugwettbewerb und High-Jump-Contest (Gewinner: Afra Hönig und Simon Lang) forderten Jugendliche und Erwachsene (incl. 40+ Klasse) heraus.
Die Kinder hatten viel Spaß mit Bierkastenklettern, Slacklinen und Klettern an der 25m Hangelleiter. Am Stand der Jugend des deutschen Alpenvereins galt es eine besonders knifflige Aufgabe zu lösen: wie kann ein rohes Ei aus 20 m Höhe abgeworfen werden ohne kaputt zu gehen? Um dem Schmuddelwetter etwas entgegen zu setzen wurden die Kletterer mit Grillwürsteln und warmen Waffeln for free versorgt. Für Fußballfans, die es gar nicht lassen konnten, wurden die aktuellen WM-Spiele live auf Großleinwand übertragen.
Kinderqualiroute im oberen 8. Grad
Eiskalter Dauerregen trieb die Teilnehmer wiederholt in die warme Halle, in der das Schrauberteam unter Leitung von Thomas Knoche und Jacub Kunc fordernde Wettkampfrouten an die Wände gezaubert hatte. Die Kinderklasse war in den letzten Jahren so stark geworden, dass die entscheidende 2. Qualiroute im oberen 8. Grad eincheckte. Ein Schwierigkeitsgrad, der noch vor einigen Jahren Standard bei Herren-Qualirouten auf der deutschen Ebene war. Der Trend zu immer schwereren Kinderklettereien war das ausdrucksstärkste Symbol der Leistungsexplosion auf der Münchener Stadtmeisterschaft.
Selbstverständlich war in der Quali auch für alle Hobbykletterer viel geboten. Die Boulder waren in dreitägiger, schweißtreibender Arbeit kreiert worden. Dabei galt das Motto “Klasse vor Masse”. Nicht der Schwierigkeitsgrad alleine, sondern die Unterschiedlichkeit der Boulderprobleme sollte die Teilnehmer differenzieren und die Tagesbesten für das Finale herausfiltern. Das machte den Kletterern eine Menge Spaß: “Mit den Bouldern ist es ähnlich wie beim Ostereiersuchen.
Über das ganze, weitläufige Gelände des Kletterzentrums sind die Überraschungen verstreut und man findet immer wieder neue Herausforderungen”, so kommentierte ein Teilnehmer. Begleitet wurde die Quali auch von den Vuvuzelafanfaren einiger fanatischer Kletterfans.
Alex Megos macht 55 Klimmzüge
Den Klimmzugwettbewerb, der im Rahmen der Quali durchgeführt wurde, konnte das Nationalkadermitglied Alexander Megos aus Erlangen für sich entscheiden. Zum Oberlandcup sind Landes- und Nationalkader nicht zugelassen. Alex, der Münchener Jugendmeister von 2007 startete deshalb außer Konkurrenz und durfte in der Quali zeigen was er kann: 55 Klimmzüge bewältigte der 16 Jährige am Stück und gewann ein großes Boulderpad.
In der Auswertungspause vor dem Finale ging es beim beliebten High-Jump-Contest im Kinderboulderraum zur Sache. Ca. 60 sprungstarke Jungs und Mädels dynamisierten an der Wand entlang. Am höchsten sprang bei den Mädels Afra Hönig, bei den Jungs hielt Simon Lang als letzter den Zielgriff, beide gewannen ein sog. Überbrückungspad. Zum T-Shirt-Contest fanden sich 7 Träger mit T-Shirts der letzten 8. Stadtmeisterschaften ein. Nur das T-Shirt von 2005 (hellblau) fehlte.
5 x Hattrick im Finale?
Der traditionelle Höhepunkt des Tages war das hochspannende Finaleklettern, in dem die jeweils fünf Besten jeder Klasse an einem ellenlangen Traversenboulder gegeneinander antraten. Zum ersten Mal hatten Teilnehmer auch die Chance den Hattrick (3 Siege) zu machen. In Frage für einen Hattrich kamen 6 Sieger der vergangenen Jahre: Kathrin Schierl (Damen), Markus Grünebach (Herren), Mona Kellner (Jugend Weiblich), Peter Schneider (40+), Katrin Lindemann (40+) und Alex Averdunk (Jugend Männlich).
Alex Averdunk hätte zudem rein rechnerisch die Gelegenheit gehabt einen Doppelhattrick zu machen, wenn er bei Stadtmeisterschafts- und Oberlandcupwertung zugleich gewonnen hätte. Jedoch die Sache mit den Hattricks entwickelte sich unerwartet, dazu später. Das ganze Finale spielte sich vor der Kulisse einer riesigen Baustelle ab. Das DAV-Kletterzentrum wird im Moment erweitert. Zur geplanten Einweihung Ende Dezember wird die größte Kletteranlage der Welt in München-Thalkirchen ihre Pforten öffnen.
Isi siegt wie erwartet bei den Mädels
Bei den weiblichen Kindern siegte wie erwartet und mit klarem Abstand Isabell “Isi” Adolph. Isi (München & Oberland), die kleine Schwester von Jugendnationalkadermitglied Sammy Adolph, zockt seit etwa eineinhalb Jahren jeden Kinderwettbewerb in Südbayern ab. Sie ist eines der größten Nachwuchstalente im süddeutschen Raum und wird in diesem Jahr erstmals auf der Landesebene starten.
Man darf gespannt sein, wie sie sich gegen ihre meist älteren Konkurrentinnen dort behaupten wird. Auf Isi folgte ihre Wettkampfkader-Kollegin Louisa Brumma (2. / München & Oberland). Platz drei machte Elisabeth Binder aus Erlangen. Die Platzierung im Oberlandcup war identisch.
Heißes Finale bei den Jungs: Jakob Nibler gibt alles
Bei den männlichen Kindern war der Favorit nicht klar. Florian Mahler (München & Oberland) hatte, ähnlich wie Isi in den letzten Jahren, auf den meisten Kinderwettkämpfen der vergangenen zwei Jahre “abgeräumt”. Allein sein Kaderkollege Jacob Nibler (München & Oberland) hatte ihm auf dem CLIMB FREE 2010 mit einer fulminanten Leistung den ersten Platz wegschnappen können und dann war in Gilching noch der routinierte Moritz Perwitzschky (Nürnberg) aufgetaucht und hatte dort überraschend den dritten Platz gemacht. Jacob Nibler startete als Drittletzter und packte den Tiger aus dem Tank. Mit einer einmaligen Mischung aus eiskalter Entschlossenheit und wildem Kampfesmut setzte sich Jakob an die Spitze.
Im zweiten Versuch legte Jakob noch mal Holz ins Feuer und kam, was absolute Seltenheit ist und das Publikum zum Toben brachte, noch weiter als in seinem ersten Versuch. Beim wagemutigen Sprung an den Topgriff brachte er lediglich die zweite Hand nicht mehr dazu, was ihn (siehe Film) zu einem Wutausbruch brachte. Der Einsatz von Jakob und die damit verbundenen Jubelstürme, blieben den nach ihm startenden Finalisten, Florian und Moritz nicht verborgen. Während Moritz noch den Vorteil des “großen Unbekannten” hatte, konnte man Florian schon beim Start ansehen, welcher Druck auf ihm lastete. Er musste davon ausgehen, dass Jacob das Top erreicht hatte.
Trotz seines sowohl technisch als auch taktisch einwandfreien Stils konnte Florian nicht an Jakob anschliessen. So machte Jakob verdient Platz eins, Moritz folgte auf Platz zwei und Florian mußte sich mit dem dritten Platz zufrieden geben. Bei der Wertung zum Oberlandcup lag Florian dagegen auf Platz zwei (hinter Jakob), denn er hatte in Gilching vor Moritz gewonnen, und durfte damit auf dem zweiten Stockerl einrücken. Die Siegehrung wurde von Alpinkletterstar Hansjörg Auer durchgeführt.