Alpen unter Druck: Erschließungsprojekte im Alpenraum

Die erste Veranstaltung, eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion zur Energiewende, findet am 13. November statt, am 27. November folgt eine Lesung von Christoph Ransmayr. Die Ausstellung wird ab 13. März 2014 zu sehen sein.

Alpen unter Druck: Erschließungsprojekte im Alpenraum"Es ist erschreckend, wie dramatisch sich die Erschließung in den vergangenen Jahren entwickelt hat, ob als Konsequenz der Energiewende oder im Zuge des Intensivtourismus", sagt Friederike Kaiser, Leiterin des Geschäftsbereichs Kultur im DAV und verantwortlich für die Konzeption der Veranstaltungsreihe und der Ausstellung."Die Energiewende und der Intensivtourismus sind zwei große Räder, die viel bewegen. Deshalb haben wir sie auch als Schwerpunkte gewählt." Sie spiegeln sich sowohl im Veranstaltungsprogramm als auch in der Ausstellung wider.

Aktuelle Beispiele: Piz Val Gronda und Jochberg

Zwei aktuelle Beispiele für die Energiewende und den Intensivtourismus, zu denen der Deutsche Alpenverein auch im Rahmen der Veranstaltungsreihe und der Ausstellung Position bezieht, sind das geplante Pumpspeicherkraftwerk am Jochberg in den Bayerischen Voralpen und die Skierschließung am Piz Val Gronda in der Silvretta (Tirol).

Mehrere Jahrzehnte lang hatten der Deutsche und der Oesterreichische Alpenverein gemeinsam mit anderen Naturschutzverbänden gegen die Pläne der Silvretta Bergbahnen gekämpft – letztlich vergebens. Im September 2012 hatte das Amt der Tiroler Landesregierung die naturschutzrechtliche Genehmigung erteilt, dass an dem bislang unerschlossenen 2812 Meter hohen Piz Val Gronda eine Seilbahn und eine neue Pistentrasse errichtet werden dürfen.Gebaut wird seit März 2013 – die Inbetriebnahme der Anlage und der Piste planen die Silvretta Bergbahnen bereits für die Wintersaison 2013/2014. Die Folgen für Mensch und Natur: Ein sensibler Lebensraum seltener und vom Aussterben bedrohter Tier- und Pflanzenarten wird unwiederbringlich zerstört, für Wanderer und Skitourengeher geht ein hochalpiner Erlebnisraum verloren.

"Durch diese Erschließung verliert die Natur eine Geländekammer, die bislang dem sanften Tourismus vorbehalten war", sagt Hanspeter Mair, Leiter des Geschäftsbereichs Hütten, Naturschutz, Raumordnung im DAV. Doch damit nicht genug: "Wer vor den Naturschutzargumenten am Piz Val Gronda die Augen verschließt, wird vermutlich auch bei weiteren Erschließungsplanungen in Tiroler Skigebieten in dieser Hinsicht blind bleiben", erklärt Mair.

Weniger weit fortgeschritten als die Erschließung des Piz Val Gronda sind die Planungen der Energieallianz Bayern für ein Pumpspeicherkraftwerk am Jochberg, doch die bislang absehbaren Folgen sind auch hier enorm: Im Bereich der Jocheralm an der Südseite des Berges soll ein Speicherbecken mit einem Fassungsvermögen von etwa drei Millionen Kubikmetern entstehen. "Das Speicherbecken würde einen erheblichen Landschaftseingriff darstellen", erklärt Hanspeter Mair. "Und es würde eine überaus beliebte Wandergegend sehr massiv beeinträchtigen."

Aufgrund der zu erwartenden Auswirkungen auf den Standort und fehlender Planungsvoraussetzungen lehnt der Deutsche Alpenverein nach derzeitigem Stand die Errichtung eines Speicherbeckens am geplanten Standort am Jochberg ab. Hanspeter Mair: "Der DAV setzt sich dafür ein, dass der Schutz von Natur und Landschaft in den Bayerischen Alpen auch beim Jochberg-Projekt an erster Stelle steht und die Energiewende nicht mit massivem Landschaftsverbrauch bezahlt werden muss. Dabei begleiten wir selbstverständlich den Abwägungsprozess zwischen Naturschutz und Notwendigkeiten der Energiewende konstruktiv."

Veranstaltungsprogramm: Podiumsdiskussionen, Lesungen mit Gespräch

Dem Thema Energiewende widmet sich auch die erste Veranstaltung, die am 13. November, um 19.30 Uhr im Alpinen Museum stattfindet. Die Podiumsdiskussion trägt den Titel "Zwischen Stausee und Windrad – wie wird die Energiewende die Alpen verändern?". Es diskutieren unter anderem Robert Götz, Leiter der Energieagentur im Bayerischen Wirtschaftsministerium, Erwin Rothgang, Präsident der Alpenschutzorganisation CIPRA Deutschland, Peter Martin, Leiter der Vertretung der EU-Kommission in München und Rudi Erlacher, Vorstandsmitglied im Verein zum Schutz der Bergwelt und DAV-Vizepräsident Ludwig Wucherpfennig. Die touristische Erschließung steht hingegen im Mittelpunkt der Podiumsdiskussion am 29. Januar 2014, wenn es um 19.30 Uhr heißt: "Die Alpen als Funpark Europas?".

Auf Natur und Landschaft richtet sich auch der Blick bei den Lesungen: Über seine ganz persönlichen Natur- und Landschaftserfahrungen spricht der österreichische Autor und "Weltenwanderer" Christoph Ransmayr am 27. November, um 19.30 Uhr. Und der Journalist Martin Krauß thematisiert die unterschiedlichen Interessen von "einheimischen Älplern" und "aufgeklärten Städtern", wenn er am 16. Januar 2014 um 19.30 Uhr aus seinem aktuellen Buch "Der Träger war immer schon da" liest.

Ausstellung im Alpinen Museum

Für die Ausstellung, die ab 13. März 2014 zu sehen sein wird, hat das Alpine Museum aus der Vielzahl von Erschließungsprojekten zweihundert Beispiele herausgegriffen, die in den vergangenen Jahren realisiert wurden oder sich aktuell in der Planung befinden. Ausgewählt wurden Projekte, die hinsichtlich des Landschaftsverbrauchs und der Schwere der Eingriffe besonders dramatisch sind. Eine große Karte verdeutlicht die Entwicklung seit 1954 im gesamten Alpenbogen.

Zudem zeigen die historischen Gemälde des Alpinen Museums, Texte aus dreihundert Jahren Alpenbegeisterung und Interviews mit Einheimischen, welchen Stellenwert und welche besondere Erlebnisqualität die Kultur- und Naturlandschaft der Alpen in der Gesellschaft haben und worauf die Menschen verzichten müssen, wenn sie ihre Umgebung im geplanten Maße erschließen. Die Ausstellung zeigt aber auch positive Beispiele für nachhaltiges Wirtschaften und sanften Tourismus im Alpenraum.

Veranstaltungen im Detail

Das vollständige Programm zur Veranstaltungsreihe und zur Ausstellung "Alpen unter Druck. Erschließungsprojekte im Alpenraum" steht auf der Website www.alpenverein.de > Kultur > Alpines Museum als PDF zum Download bereit.

Für alle Veranstaltungen ist eine Anmeldung empfehlenswert – per E-Mail an die Adresse alpines.museum@alpenverein.de oder telefonisch unter der Nummer 089/21 12 24-0.

QuelleRuth Schedlbauer (DAV)