Conrad Anker

Das Trio vollendete den Aufstieg fast eine Woche früher als geplant. Gründe dafür waren das gute Wetter, die tollen Kletterbedingungen und die Stärken, die jedes einzelne Team-Mitglied in diese Höhen mitbrachte.

Fotostrecke: Conrad Anker, Jimmy Chin und Renan Ozturk am Meru

"Wir ergänzen uns alle wunderbar", erklärt Ozturk, der an der Expedition nur fünf Monate nach einer Wirbelsäulenund  Schädelfraktur teilnahm, die er sich bei einem Skitouren-Unfall in Jackson, Wyoming, zugezogen hatte.

"Conrad ist Meister des Eiskletterns und des technischen Kletterns. Jimmys Stärken sind das technische Klettern und der Tiefschnee. Mir selbst liegt das Free-Climbing im mittleren Teil des Anstiegs am meisten."

Die "unbezwingbare" Route – Shark's Fin

Beim Höhenbergsteigen stellt die bis dahin unbestiegene Route einen der weltweit ultimativen Herausforderungen dar. Das untere Drittel ist eine klassische alpine Schnee- und Eisroute, der mittlere Teil ein Mix aus Eis und Felsen und das letzte Stück eine extrem schwierige überhängende Felswand. Shark's Fin hat in den letzten 30 Jahren schon viele Top-Alpinisten der Welt angezogen, doch keiner von ihnen hat es bislang geschafft, die Route zu vollenden.

Anker versuchte sich 2003 zusammen mit Bruce Miller und Doug Chabot als Erster an der Route, um dann nach zwei Dritteln des Aufstiegs wieder umzukehren. 2008 kam er mit Chin und Ozturk zurück und verbrachte 19 zermürbende Tage an der Wand, bevor er nur 100 Meter vor dem Gipfel aufgab, wie Ozturks Film Samsara dokumentiert. "Es ist eines der technischsten Klettererlebnisse der Welt in großen Höhen und unter unglaublich strapaziösen Bedingungen", sagt Anker. "Diesmal kamen wir zurück, um eine alte Rechnung zu begleichen. Wir alle hatten etwas, das uns motivierte."

Außerdem, so Ozturk, seien Kletterer seit fast 40 Jahren fasziniert von der Shark's Fin. "Viele der erfolgreichsten und erfahrensten alpinen Bergsteiger haben sich schon an ihr versucht", berichtet er. "Für mich geht es beim Klettern um das Team, um kulturelle Erlebnisse und um Landschaften. Meru ist eine beeindruckende Kombination all dieser Elemente…dem heiligen Pilgerpfad hinauf zu den Quellflüssen des Ganges zu folgen und mit so engen Freunden in einem der atemberaubendsten Teile des Himalaya zu klettern, ist ein Abenteuer, das meine Seele beflügelt."

Die Expedition im Detail

Nachdem das Team Delhi hinter sich gelassen hatte, reiste es durch Monsun-Gebiete. Die eigentliche Expedition startete am Ganges, Indiens heiligem Fluss, der aus dem Gangotri-Gletscher entspringt. Nach einer Trekkingtour über Galmuk und den Gletscher erreichten die drei Athleten das Basislager Tapovan, wo sie sich drei Wochen lang akklimatisierten, die Ausrüstung vorbereiteten und die vor ihnen liegende Route studierten, darunter Tiefschnee- und Eisfelder, der Bergkamm, komplizierte Übergänge und die überhängende Felswand, das so genannte House of Cards.

Sie profitierten von den vorherigen Erfahrungen an der Wand und brachten den unteren Teil der Route in einer Rekordzeit von sechs Tagen hinter sich, inklusive der zwei Tage Aufstieg über den unteren Schnee und die technischen Eisabschnitte bis zu Camp 1, dem Balkon. Von dort aus kletterte das Team hoch zu Camp 2, einem Portaledge direkt unter der atemberaubenden überhängenden Indian Ocean Wall. Als nächstes beging das Team die steilsten und gefährlichsten A4-Abschnitte der Wand, die im Crystal Pitch die Krönung finden. Der Crystal Pitch ist ein Überhang, der sehr technisches Klettern erforderte. Schließlich drängten sie in drei Tagen über die letzte überhängende Felswand, Shark's Fin, zum Gipfel.

QuelleCorbinian Schedlbauer, Fotos: The North Face / Jimmy Chin