Will Gadd an den Niagarafällen (c) Red Bull Media House
Will Gadd an den Niagarafällen (c) Red Bull Media House

Viele Waghalsige haben sich auf unzählige Arten bereits die Fälle herunter getraut, aber Will Gadd, der erst kürzlich Nat Geo Aventurer des Jahres gewählt wurde, ist der erste Mensch der es den Wasserfall hochgeschafft hat. Wie das geht? Will ist der weltbeste Eiskletterer und der Kälteeinbruch in den USA hat die Niagara Fälle gefrieren lassen.

Hier das Video der Besteigung

Das passiert nicht häufig. “Ich war im Sommer hier und wollte mir ansehen, ob es möglich ist hier hochzuklettern,” erzählt Gadd. “Man kann sich nicht vorstellen, was da alles runterkommt! Der kalte Winter hat das Wasser erst weniger werden lassen, dadurch konnte es überhaupt erst frieren. In einem warmen Winter ist das nicht der Fall!”

In Zusammenarbeit mit dem NYS Parks Department und der NYS Parks Police konnten Will und sein Team eine Route entwickeln, die sowohl sicher war und auch der Umwelt keinen Schaden nahm. Das war Gadd besonders wichtig: “Die Niagarafälle sind einer der meist besuchten Orte Amerikas, wir müssen sie behandeln wie ein Juwel!”

Also gab es zwei Prioritäten beim Klettern: Die Sicherheit und die Ethik. “Es gibt keine Bolzen und es wird nicht ein Teil im Eis zurückbleiben, was nicht vorher schon dort war,” erklärt Will. “Der natürlich Weg ist der einzig mögliche!” Die Route ging von der amerikanischen Seite in der sogenannten Horseshoe-Section der Fälle, in der Nähe des Terrapin Point, 45 Meter gerade runter.

Und es handelte sich nicht um kompaktes Eis. “Das Eis ist hier in Schichten,” so Will weiter. “Das heißt, es gibt erst eine Eisschicht, dann Schnee und Luft, und dann wieder Eis. Das ist auf gar keinen Fall stabil.” Den Klettergrad schätzte Will bei WI6+ ein, schwieriger geht es beim Eisklettern nicht. Seine einzigen Hilfsmittel waren ein paar Eispickel, Steigeisen und der Prototyp eines speziell angefertigten Black Diamond Eis-Hakens.

Fotostrecke: Will Gadd an den Niagarafällen



Am Tag vor der Tour ließ sich Gadd nochmal von oben die Fälle am Seil herab um Eis, das eventuell brechen könnte zu entfernen: “Da gab es Stücke, die waren so groß wie Autos!” Nach einem ganzen Tag Arbeit war die potentielle Route gesichert.

Auch wenn der Ort so unverdorben und ruhig erscheint, ist es hier alles andere als friedlich! Über 150.000 Tonnen Wasser stürzen jede Minute hier herunter und haben mit einer Geschwindigkeit von bis zu 100 Stundenkilometer einen Druck, wie wenn 4000 riesige LKW gleichzeitig auf den Grund knallen. “Die unglaublichen Wassermengen erschüttern den Boden und dadurch werden die Eisplatten und Wände unsicher und unvorhersehbar,” sagt Will. “Es ist eine raue Umgebung und alleine schon eine Herausforderung, überhaupt an der Eiswand zu bleiben, geschweige denn an ihr hochzuklettern!”

Direkt am Anfang der Route gibt es einen Kessel, den Will liebevoll den “Topf des Todes” genannt hat. Hier hat der Wasserfall ein Loch in das Eis gerissen. “Wenn du da rein fällst, dann war es das für dich,” so Will. “Da sind Steine und Felsen auf die stürzt, oder du ertrinkst oder erfrierst.” Direkt über dem Kessel hatten Will und seine Kletterpartnerin Sarah eine kleine Station in einer Eishöhle angelegt, ungefähr so groß wie eine Telefonzelle!

Von dort ging es dann mit Methode aufwärts, alle paar Meter sicherte sich Will mit Eisschrauben und Expresschlingen. Aber das Unangenehmste war, dass er die ganze Besteigung über komplett nass war. “Ich war so nah an den Fällen, ich konnte meinen Eispickel in den rein halten. Ein Teil der Tour ging hinter dem Wasserfall entlang, ich hatte ganz schön viel Niagarawasser im Nacken!”

Gadd hatte sich die Route in drei Abschnitte aufgeteilt, jeder von ihnen ungefähr eine Stunde. Der Weg ging ziemlich perfekt an der Grenze entlang, was ziemlich passend war für Gadd, der sowohl die amerikanische, als auch die kanadische Staatsbürgerschaft besitzt. Auf jeden Fall ein neuer Meilenstein, mit dem er an die Erfolge vom letzten Jahr anknüpfen kann. Da erkletterte Gadd einen neuen Steig an den Helmcken Falls, bezwang das Eis des Kilimanjaro und ging ruhmbeladen vom Ouray Ice Festival nach Hause.

Wie hat es sich nun angefühlt, als Sieger auf dem Gipfel der Niagarafälle zu stehen? Will ist sich nicht so sicher, ob es wirklich ein Sieg war: “Die Tour hat mich fertig gemacht. Ich bin vielleicht oben angekommen, aber Niagara hat den Krieg gewonnen. Ich hatte extreme Unterkühlung. Der Wasserfall hat mich stärker hergenommen, als ich es dachte!” Auch wenn sich Gadd vielleicht nicht als Sieger sieht, ist er doch für einen weiteren historischen Moment, an diesem Weltwunder verantwortlich.

QuelleJosh Sampiero Fotos: Red Bull Media House