"Die größte Herausforderung war nicht der technisch und athletisch hohe Anspruch der Route, sondern das was im Kopf dabei passiert", beschreibt Simon die enorme psychische Stärke, die man braucht, um eine Wand zu bewältigen, die wie "das Orakel" nicht optimal mit Haken abgesichert werden kann. Im gelben Teil der Route, ist der Fels oftmals etwas splittrig. Trotzdem kommt es für Simon nur in Frage, getreu seiner Philosophie, die Erstbegehung mit rein traditioneller Absicherung durch Friends, Keile und mit Normalhaken, die anschließend in der Wand belassen wurden.
Das Projekt entstand aus purer Neugierde, die Simon und Patrick bei einer anderen Erstbegehung unterhalb der Felswand packte. Der große Überhang, den sie an der darüber liegenden Felswand des Lagazuoi (Nord) erspähten, erregte ihre Aufmerksamkeit. Von da an ließ sie der Gedanke "an das große Dach" nicht mehr los.Anfang Juli 2012 war es dann soweit, die beiden Alpinisten machten sich auf den Weg und gelangten über den Zustieg vom Falzeregopass aus zur Lagazuoi-Bahn, die sie bergauf bis zum Weg 20b beförderte, dem sie noch ca. 40min folgten, um die angestrebte Wand zu erreichen. Sie erkundeten die Wand insgesamt fünf Tage lang und feilten dabei vor allem an den zwei Schlüsselseillängen. Am fünften Tag waren sie bereit und "das Orakel" belohnte sie mit einer erfolgreichen Erstbegehung.
Vor dem Start und während des Projektes, stellten sich die Alpinisten immer wieder die Frage, ob dieses Projekt überhaupt realisierbar ist. Wäre es möglich gewesen, hätten sie am liebsten in die Zukunft gesehen und ein Orakel zum Verlauf des Projektes befragt.Dieser Gedanke und auch die Zukunft der Route, die möglicherweise zu einer der großen der Dolomitentouren werden könnte, führten letztendlich zur Namensgebung. Für Simon steht fest, dass diese neue Tour in den Dolomiten noch viele Kletterer, auch der folgenden Generationen, faszinieren und anziehen wird.
Facts
- Tour: Das Orakel
- Wand: Lagazuoi Nord
- Erstbegeher: Simon Gietl und Patrick Seiwald
- Wandhöhe: 320 Meter
- Schwierigkeit: 9 (ohne Bohrhaken)
- Charakter: Gemischte Wand und Risskletterei
- Fels: Im gelben Teil etwas splittrig
- Material: Alle geschlagenen Haken wurden belassen, Serie Friends, Keile und evtl. Hammer + Haken hilfreich
- Zustieg: Vom Falzeregopass die Lagazuoi Bahn nehmen und den Weg 20b bis zur Wand folgen, 40 Minuten
- Abstieg: Vom Gipfel eine SL abseilen und das Felsband Richtung Süden hinaus queren und am Ende 1-2 Grad in die Scharte abklettern.Vom Kriegspfad die folgende Schuttrinne hinunter und in Kürze zum Fels.