Untersuchungen von Mammut haben gezeigt, dass dieses eigentlich bekannte Problem wesentlich dramatischer ist, als bisher angenommen und ein sehr hohes Risiko für die Kletternden darstellt. Mammut ruft daher dringend auf, permanent installierte Express Sets und Karabiner in Klettergebieten unabhängig vom Hersteller per sofort nicht mehr zu benutzen und zu entfernen.
In den letzten Jahren wurde es zunehmend üblich, in überhängenden Klettergartenrouten alle oder ein Teil der Express Sets fest zu installieren. Dies einerseits um das Seil-Einhängen zu erleichtern, andererseits um das teilweise umständliche Abbauen der Express Sets zu vermeiden.
Diese Express Sets werden beim Ablassen des Kletterers durch die Reibung mit dem Seils je nach Position in einem stumpfen Winkel eingeschliffen und können dabei sehr scharfe Kanten bilden (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1: Karabiner mit Scharfkantenbildung durch Seilreibung Besonders betroffen sind folgende Positionen:
- der erste Sicherungspunkt (wenn der Sichernde beim Ablassen von der Wand weg steht)
- Sicherungspunkte unter einem Dach / Überhang
- seitlich versetzte Sicherungspunkte
Das Einschleifen wird durch Schmutz oder Sand am Seil verstärkt. Extrem scharfe Kanten bilden sich an Karabinern, welche fast nie durch einen Sturz belastet werden und die kaum als Umkehrpunkt benutzt werden. Sie werden dadurch nie “entschärft” (rundgeschliffen) und es kann sich eine messerscharfe Kante bilden. Auch tendieren Karabiner mit einem T-Profil zu einer stärkeren Kantenbildung als Rundprofile.
Tests auf der Mammut Normsturzanlage über den in Abbildung 1 dargestellten Karabiner haben gezeigt, dass ein 9.5mm Seil mit einer Fallmasse von 80kg bereits bei einer Fallhöhe von 2.7m / Sturfaktor 1.0 durchtrennt wird. Der verwendete Karabiner wies keine extrem scharfe Kante auf. Frühere Untersuchungen haben zudem gezeigt, dass der Sturzfaktor durch die Reibung in der Sicherungskette in der Praxis wesentlich höher sein kann als der berechnete Wert.
In Kombination mit einem sehr scharfen Karabiner können daher bereits sehr kleine Stürze unter einem Meter Fallhöhe kritisch werden. Fälle von Seilrissen ohne Konsequenzen in geringer Höhe sind bekannt. Aktuell wird dies auch als mögliche Ursache für einen tödlichen Kletterunfall in der Schweiz vor wenigen Wochen untersucht. Mammut untersuchte zudem den Einfluss des Seildurchmessers auf diese Scharfkanten. Hier zeigt sich ein klarer Zusammenhang wie in Graphik 1 ersichtlich ist: Ein dickeres Seil bieten bei Scharfkanten auf jeden Fall eine höhere Sicherheitsreserve.Die Werte sind jedoch auch bei einem 10mm Seil kritisch und lebensbedrohlich. Zwillings- und Halbseile im Doppelstrang bieten die höchste Sicherheitsreserve. Gebrauchte Seile (leichter Mantelpelz, ohne Beschädigung) wiesen keine wesentlich tieferen Werte auf als neue Seile.
Abbildung 2: Seilbeschädigungen bei verschiedenen Seildurchmessern in Abhängigkeit von der Fallhöhe. Umlenkung über scharfkantigen Karabiner aus Abbildung 1. Fallmasse 80kg, ausgegebene Seillänge 2.64m. Mammut Sports Group, Oktober 2012.
Karabiner am Umlenkpunkt können ebenfalls scharfe Kanten bilden, hier läuft das Seil jedoch in einem spitzen Winkel über den Karabiner, der Schliff ist eher rund und die Kantenbildung ist weniger extrem. Diese Karabiner können jedoch kritisch sein, wenn die verbleibende Materialstärke zu gering wird und damit der Belastung nicht mehr standhält.
Kletterhallen verwenden meist Stahlkarabiner, die weniger schnell einschleifen und das permanent installierte Material wird regelmässig kontrolliert. Mammut empfiehlt jedoch auch hier die Augen offen zu halten, eingeschliffene Karabiner nicht zu verwenden und diese sofort dem Hallenbetreiber zu melden.
Fest installiertes Material in Outdoor-Kletterrouten wird normalerweise nicht gewartet und kontrolliert. Hier ist auch aus Gründen der Schlingenalterung, Korrosion etc. generell Vorsicht geboten und das Material sollte am besten nicht verwendet werden.