Die Deutsche Meisterschaft im Bouldern zählt jedes Jahr zu den Highlights im Wettkampfkalender. In diesem Jahr fand sie auf dem Messegelände in Friedrichshafen statt – zeitgleich mit der Outdoor-Messe. Ein Umstand, der dem Event schon zu Beginn eine volle Halle und eine tolle Veranstaltungstechnik bescherte. Sportdirektor Martin Veith zeigte sich begeistert: “Die Organisation ist spitze, die Location klasse. Und natürlich hat auch das Helferteam eine hervorragende Leistung gezeigt. Ich bin rundum zufrieden.”
Quali der Damen: Schwierige Routen
Bereits bei der Qualifikation der Damen war klar, dass das Routenbauer-Team um Dirk Uhlig auf internationalem Niveau unterwegs war: Nur zwei Athletinnen konnten alle Probleme lösen – und zogen auf den Plätzen eins und zwei in die Finalrunde ein: Alma Bestvater (DAV Weimar) vor Frederike Fell (DAV Freising). Besonders Alma Bestvater zeigte eine beeindruckende Leistung und flashte drei der fünf Boulder.
Sie ist derzeit extrem gut in Form und zog bei den letzten beiden Boulderweltcups in die Finalrunde ein. Auf Platz drei landete Lili Kiesgen (DAV Darmstadt-Starkenburg) mit vier getoppten Bouldern, Platz vier holte sich Afra Hönig (DAV Landshut), die immerhin noch drei Zielgriffe erreichen konnte. Bereits ab Platz 16 reichten nur noch ein geschaffter Boulder und drei Zonen für den Einzug in die nächste Runde.
Fotostrecke: Deutsche Meisterschaft Bouldern 2018
[Not a valid template]Neues Reglement gibt Tops mehr Bedeutung
Seit dieser Meisterschaft gibt es eine veränderte Wertung, die für eine etwas andere Verteilung der Plätze sorgt. Früher stand die Zahl der Tops vor den Versuchen und die Zahl der Zusatzwertungen (früher “Bonus” jetzt “Zone”) vor den Versuchen, eine Zone zu erreichen. “Jetzt zählen die Zahl der Tops vor der Zahl der Zonen. Erst dann werden die Versuche gewertet”, so Sportdirektor Martin Veith. Damit wolle man den erreichten Zonen und Tops wieder mehr Bedeutung geben.
Quali der Herren: Enges Feld
Waren die Damen noch weit auseinander, ging es bei den Herren knapper zu: Die ersten fünf Plätze konnten alle Boulder toppen. Mauro Naroska vom DAV Wuppertal ergatterte sich mit Platz 20 den letzten freien Halbfinal-Platz – er musste dazu noch vier Boulder toppen. Dementsprechend eng lagen die Athleten beieinander. Platz eins erreichte überraschen Felix Leuoth (AlpinClub Hannover), vor Yannick Flohé (DAV Aachen) und Alexander Averdunk (DAV München-Oberland).
Halbfinale der Damen: schwere Boulder
Die schwierigen Boulder waren bei den Damen auch im Halbfinale Programm: Die Athletinnen taten sich vor allem mit dem 2. und 3. Boulder schwer. Lili Kiesgen erreichte als Einzige den Zielgriff von Nummer zwei, einer Platte mit vielen voluminösen Dreiecken, die in einem Bogen geklettert werden mussten. Ein schwer zu lesendes Problem!
Nummer drei war ein überhängender Boulder an kleinen Steingriffen, die Routenschrauber Dirk Uhlig persönlich angefertigt hatte. Besonders an der Crux, einer Querung taten sich die Athletinnen schwer. Alma Bestvater erreichte als Einzige das Top und schob sich damit am vorletzten Boulder bereits auf Platz 1. Der finale Boulder verlangte einen schwierigen Mantle an einem riesigen, horizontal herausstehenden Volume. Einige Athletinnen holten sich an ihm blutige Knie, konnte ihn aber klettern.
Am Ende reichten für Platz 6 ein Top und eine Zone. Die besten Damen konnten zwei Top-Griffe halten. Nationaltrainer Urs Stöcker: “Die besten haben geliefert, wobei es ein paar Favoritinnen wie Frederike Fell oder Hannah Meul wider Erwarten nicht geschafft haben.” Die Routen, so der Trainer, seien schon ziemlich schwer und bewegten sich annähernd auf internationalem Niveau.
Diese 6 Sportlerinnen qualifizierten sich für das Finale:
Alma Bestvater
Annika Pidde (DAV Darmstadt-Starkenburg)
Isabell Adolph (DAV München-Oberland)
Johanna Holfeld (Sächsischer Bergsteigerbund)
Lilli Kiesgen
Afra Hönig
Die Vizemeisterin 2017, Frederike Fell, landete auf dem 9. Platz und schied aus dem Wettkampf aus.
Halbfinale der Herren: harte Kämpfe
Wie schon in der Quali lagen die Herren sehr viel näher zusammen. Doch auch sie hatten Probleme mit zwei Bouldern: Bei Nummer zwei standen die Athleten vor einem stark überhängenden Wand, in die große Volumes hintereinander geschraubt wurden.
Die Crux war hier, über die Ecke den Zugang zu den vier großen Volumes zu bekommen und sich an den abschüssigen Griffen Schritt für Schritt nach oben zu hangeln.
Nur zwei Athleten erreichten den Top-Griff: Kim Marschner (DAV Schwäbisch-Gmünd) und Alexander Averdunk (DAV München-Oberland). Nummer vier war ein sehr kleingriffiger überhängender Boulder, den nur Yannick Flohé durchstieg.
Das Finale der besten sechs blieb damit den Athleten vorbehalten, die mindestens zwei Boulder schafften und zwei Zonen erreichten.
Die besten drei erreichten jeweils drei Tops. Nationaltrainer Urs Stöcker: “Stephan Vogt als toller Felskletterer hat für mich überraschend das Ziel erreicht. Ansonsten gibt es keine Überraschungen: Die, die auch in den Weltcups die Halbfinals erreichten, sind auch hier vorne.”
Diese sechs Athleten schafften es ins Finale:
Yannick Flohé
Alexander Averdunk
Kim Marschner
Christoph Schweiger (DAV Ringsee)
David Firnenburg (DAV Rheinland-Köln)
Stephan Vogt (DAV Berlin)
Das Finale
Finale der Frauen: Spannung bis zum letzten Boulder
Bei den Frauen wartete eine Platte mit einem weiten Dynamo an zwei schlechten Leisten. Bis auf Annika Pidde schaften alle diese Boulder, Lilli Kiesgen und Johanna Holfeld erreichten den Topgriff sogar beim ersten Mal.
Das zweite Problem gestaltete sich bereits deutlich schwieriger: Wenige große Volumen waren in die überhängende Wand geschraubt. Die Crux lag bereits im unteren Drittel: Ein Quergang, der einen weiten Sprung erforderte, bevor die Kante der Wand gehalten werden musste.
Lilli Kiesgen brannte ein Technik-Feuerwerk ab und versuchte es mit einer Ägypter-Hook-Kombination zu lösen, scheiterte dann aber an der Kante. Die meisten Athletinnen versuchten es aber mit einem Sprung. Trotzdem: An der Kante konnte sich niemand halten.
Im dritten Boulder mussten die Mädels wieder in die Platte: Zwei Querungen unten und oben an abschüssigen Zangen und Leisten machten diesen Boulder zur Herausforderung. Doch nicht für die deutschen Damen: drei von sechs Frauen konnten den Boulder lösen.
Bei den Damen hatten nach dem dritten Problem Johanna Holfeld und Lilli Kiesgen zwei Tops erreicht und Alma Bastvater drei – allerdings mit mehr Versuchen pro Boulder. Eine Entscheidung, welche der drei Damen, am Ende den Titel mit nach Hause nahm, fiel erst im letzten Boulder. Dieser bestand aus drei verschieden großen Kringeln, bei denen jeweils nur wenige Kanten und der Innenbereich kletterbar waren. Der Rest der Griffe war glatt.
Hier trennte sich die Spreu vom Weizen: Die späteren besten drei flashten das Problem, die anderen drei Damen konnten nur die Zone erreichen. Als Siegerin ging Alma Bestvater hervor. Die Deutsche Meisterin: “Die größte Herausforderung war, immer als Letzte herauszukommen und den Bouldern noch machen zu müssen.”
Die drei Siegerinnen:
Alma Bestvater
Johanna Holfeld
Lilli Kiesgen
Finale der Herren: Langer Kampf um die Plätze zwei und drei
Bereits der erste Boulder hatte es in sich: Eine Platte mit weit anzuspringenden Griffen rechts neben dem Start. Am Ende winkte noch ein langer Quergang an abschüssigen Leisten nach links – eine Art umgekehrtes C.
Viele erreichten den Topgriff zwar mit einer Hand, konnten ihn aber mit der zweiten nicht halten. So auch Christoph Schweiger und Alexander Averdunk, die es aber in späteren Versuchen schafften. Einzig Jannick Flohé flashte bereits den 1. Boulder.
“M2” besaß viele Volumen, die teils angesprungen, teils statisch geklettert werden mussten. Yannick Flohé hielt dem Top-Griff gleich im ersten Versuch mit beiden Händen fest, David Firnenburg und Kim Marschner erreichten ebenfalls das Ziel. Letzterer mit einem spektakulären Sprung 17 Sekunden vor Ende der Zeit.
Die Männer mussten durch die am stärksten überhängende Hauptwand. Kleine Griffe, die man extrem zupressen musste, und große grüne Volumen und weite Züge waren charakteristisch für dieses Boulderproblem.
Das größte Problem bereitete die Herren ein weiter Sprung an ein kleingriffiges Volumen. Lediglich Yannick Flohé und Alexander Averdunk konnten diesen Boulder für sich entscheiden. Flohé sogar im Flash – ein Beweis ihrer starken Form in dieser Saison.
Mit einem Top Vorsprung und drei Flashs war Yannick Flohé bereits vor dem letzten Boulder praktisch der Sieg nicht mehr zu nehmen. Nur, wenn er die Zone nicht erreichte und Alex Averdunk den Top-Griff erreichte, konnten sich die Plätze eins und zwei noch verändern.
Die übrigen Plätze entschieden sich im vierten Boulder: Ein langes Problem, das Diagonal durch die überhängende Hauptwand führte. Große Sloper erforderten weite Sprünge mit mehrfachen Dynamos. Alex Averdunk konnte diesen Boulder flashen und übernahm die Führung.
Doch Yannick Flohé patzte nicht und flashte ebenfalls das Problem. Genauso wie Christoph Schweiger, der Drittplatzierte. Der Sieger danach: “Es war mein erster Sieg bei einer Deutschen Meisterschaft, das ist einfach unbeschreiblich. Und die Stimmung hier in Friedrichshafen ist grandios!”
Die besten drei:
Yannick Flohé
Alexander Averdunk
Christoph Schweiger
Trainer Urs Stöcker über den Wettkampf
“Yannick und Alma waren überragend, mit einer Glanzleistung im Finale, nachdem sie schon Quali und Halbfinale dominiert haben. Ein Start-Ziel-Sieg sozusagen. Aber auch die Anderen auf dem Podium haben eine tolle Leistung gezeigt!”