Etwas anders gestaltet sich allerdings das Bild bei den Bergunfällen insgesamt: Dieser Wert erreicht einen neuen Höchststand. “Der scheinbare Widerspruch erklärt sich ganz einfach”, sagt Florian Hellberg von der DAV-Sicherheitsforschung. “Immer mehr Menschen werden gerettet, bevor die Lage für sie lebensbedrohlich wird.”
Für die bevorstehende Herbstsaison in den Bergen appelliert Hellberg an die Bergsportlerinnen und Bergsportler: “Verlasst euch nicht darauf, im Zweifel gerettet zu werden. Der wirksamste Schutz vor schweren Bergunfällen sind eine gute Tourenplanung und ausreichende Reserven – sowohl zeitlich als auch körperlich!”
Die exakten Zahlen
Dreißig tote Alpenvereinsmitglieder bei Bergsportunfällen waren im Jahr 2016 zu verzeichnen. Damit erreicht diese Statistik einen historischen Tiefstand. Zum Vergleich: 2015 waren noch 43 tote Alpenvereinsmitglieder zu beklagen. Insgesamt von Unfällen und Notfällen betroffen waren im vergangenen Jahr 1182 DAV-Mitglieder, also rund 0,1 Prozent.
“Rechnet man die Mitgliedschaftszuwächse ein, bleibt das individuelle Unfallrisiko im Vergleich zu den Vorjahren konstant auf sehr niedrigem Niveau”, erklärt Florian Hellberg von der Sicherheitsforschung beim Deutschen Alpenverein. Tatsächlich seit zwei Jahrzehnten zunehmend, auch relativ zur Mitgliederzahl, ist allerdings das Risiko von Blockierungen.
Klettersteiggehen: Blockierungen Notfallursache Nummer eins
“Blockierungen sind Situationen, aus denen sich die Bergsportlerinnen und Bergsportler nicht mehr selbst befreien können und auf die Bergrettung angewiesen sind – obwohl sie keine Verletzungen haben”, so Hellberg. Besonders häufig kommen diese Notlagen beim Klettersteiggehen vor: Mehr als die Hälfte aller Rettungseinsätze an Klettersteigen gehen auf Blockierungen zurück. “Klettersteige suggerieren mit ihren installierten Drahtseilen eine trügerische Sicherheit. Wenig geübte Klettersteiggeher muten sich deshalb oftmals zu schwierige Touren zu.”
Hallenklettern: Fehler bei der Seil- oder Sicherungstechnik oft Schuld
Indoorklettern ist sehr sicher. Angesichts der vielen hunderttausend Aktiven ist die Zahl der schweren Unfälle in Kletterhallen sehr gering: Seit der Jahrtausendwende sind insgesamt drei DAV-Mitglieder in Kletterhallen gestorben, ein tödlicher Unfall ereignete sich im vergangenen Jahr. Alle drei Todesfälle gingen auf Einbindefehler zurück, also darauf, dass der Knoten am Gurt des Kletternden nicht richtig geknüpft war.
Ergänzung 27. September:
Tatsächlich haben sich in Kletterhallen in Deutschland seit der Jahrtausendwende acht und im Jahr 2016 zwei tödliche Unfälle ereignet. Allerdings tauchen in der DAV-Unfallstatistik die oben genannten Zahlen auf, weil nur drei Fälle bzw. ein Fall an die Versicherung gemeldet wurden (zur Datengrundlage siehe letzter Absatz). Wegen dieser Differenz gibt es seit 2012 eine separate Kletterhallen-Unfallstatistik.
Sicherheit und Ausbildung beim DAV
Erfahrung, Können und Wissen sind die wichtigsten Voraussetzungen für einen verantwortungsvollen Umgang mit den Gefahren im Bergsport. Darum setzt der Deutsche Alpenverein in erster Linie auf Ausbildung: Mehr als 7500 ehrenamtliche Fachübungsleiter sind in den 356 Sektionen des DAV aktiv und geben ihr Wissen an die Mitglieder weiter. Dabei profitieren sie von der Grundlagenarbeit der Sicherheitsforschung des DAV. Diese geht den Unfallursachen im Bergsport nach, analysiert das Verhalten von Bergsportlerinnen und Bergsportlern, führt regelmäßig Materialtests durch und veröffentlicht die Erkenntnisse.
Datengrundlage der DAV-Bergunfallstatistik
In der DAV-Bergunfallstatistik werden ausschließlich die Unfälle von DAV-Mitgliedern erfasst – unabhängig davon, wo diese Unfälle passieren. Eingang in die Statistik finden Unfälle, die die Mitglieder an die Versicherung des DAV (Alpiner Sicherheits-Service – ASS) melden, um beispielsweise Bergungskosten erstattet zu bekommen. Aufgrund ihres Umfanges und der bereits langjährigen Erhebung liefert die DAV-Bergunfallstatistik eine sehr gute Grundlage, um Entwicklungen und Tendenzen für den gesamten Bergsport abzulesen und die entsprechenden Konsequenzen daraus zu ziehen.