Trotz vieler bereits entstandener Schäden und aktueller Fehlentwicklungen lautet die Botschaft der Alpenvereine: “Die Alpen sind schön. Noch. Es lohnt sich, dafür zu kämpfen.”
Kommunikation auf vielen Kanälen
Die Kampagne läuft sowohl analog als auch digital. Zum Start am 4. Dezember wird es eine Kampagnenzeitung, Postkarten und eine zentrale Website geben. Postings in den sozialen Medien ergänzen diese Kanäle ebenso wie umfangreiche Pressearbeit. Schließlich werden die mehr als 500 Sektionen in den drei Verbänden eine wichtige Rolle dabei spielen, dass die Kampagne nicht nur bei den rund 1,8 Millionen Alpenvereinsmitgliedern ankommt, sondern bei allen Berginteressierten.
#unserealpen: Warum gerade jetzt?
Derzeit findet unter den großen Skigebieten in den Alpen ein Wettlauf um die “Poleposition” statt: Die Betreiber erweitern, so lange es noch geht. Maßgebend ist das Motto: Je größer, desto besser. Wenn der Klimawandel fortschreitet, so das Kalkül, wenn der Kampf um die Schneesicherheit immer mehr Aufwand erfordert und wenn Skifahren immer teurer wird, dann überleben nur die Skigebiete, die einer schrumpfenden, aber exklusiven Kundschaft das Beste und Größte bieten können. Eile ist geboten, denn die gesellschaftliche Akzeptanz naturgefährdender Eingriffe schrumpft.
#unserealpen: Einfach schön!
Die Outdoorbranche boomt seit vielen Jahren. Insbesondere der Bergsport ist beliebt wie nie zuvor. Die Folgen sind bekannt, positive wie negative. Eine Folge bricht sich langsam erst Bahn, dafür aber gewaltig: Das Bewusstsein für den Wert der Alpen. Sie beginnen “vor unserer Haustüre”, sie liegen mitten in Europa, sie bieten immer noch viel Natur und Abenteuer in einer der am dichtesten besiedelten und am meisten durch den Menschen beeinflussten Regionen der Welt. Die Alpen sind das grüne, wilde Herz Europas, und das wird immer mehr Menschen bewusst.
Die Zukunft der Alpen: Eine große europäische Frage
Schönheit ist das Eine. Das andere ist nicht minder wichtig: Die Alpen bilden das Wasserreservoir für alle Anrainerstaaten. Sie beherbergen eine einzigartige Vielzahl und Vielfalt an Pflanzen- und Tierarten. Sie sind die Lebensgrundlage und der Lebensraum vieler Menschen. Sie bieten eine einmalige, vielseitige und abwechslungsreiche Landschaft. Die Alpen haben einen unschätzbaren ökologischen, ökonomischen und sozialen Wert.
Aber sie sind bedroht, nicht nur durch Skigebietserschließungen. Ihre zentrale Lage setzt sie auch darüber hinaus einem massiven Nutzungsdruck aus – siehe zum Beispiel die Themen Verkehr oder Wasserkraft. Verschärft wird die Situation einmal mehr durch den Klimawandel. Es ist deshalb eine der großen europäischen Fragen, wie die Alpen intakt bleiben können.
Das Riedberger Horn: eine Zukunftswerkstatt
Kein anderer Berg steht so symptomatisch für den aktuellen Wandel des Tourismus in den bayerischen Alpen – und darüber hinaus: Die Pläne für eine Skischaukel am Riedberger Horn wurden im April 2018 begraben, die damit verbundene Änderung des Alpenplans soll in der laufenden Legislaturperiode rückgängig gemacht werden. Die bayerische Staatsregierung hat beides nicht ohne Grund entschieden. Sie weiß, dass es in der Bevölkerung keinen Rückhalt mehr gibt für ein touristisches “Weiter-So”.
Sie weiß, dass es neue und agile Konzepte braucht, um die Alpen als Heimat, Destination und Naturraum zu bewahren. Deshalb investiert die bayerische Staatsregierung nun massiv in die Entwicklung naturnaher Tourismusformen in der Region am Riedberger Horn – im vollen Bewusstsein, dass die Öffentlichkeit dort ganz besonders genau hinschaut. Der Deutsche Alpenverein hält eine Beteiligung des DAV und anderer Naturschutzverbände an diesem Gestaltungsprozess für essentiell. Er ist überzeugt: Das ist eine einmalige Chance, denn am Riedberger Horn entscheidet sich, ob es eine “andere” touristische Zukunft geben kann.
Südtirol: Wieviel geht noch?
Auch Südtirols Natur und Berge stehen unter Druck. Skierschließungsprojekte wie jenes zwischen Langtaufers und dem Kaunertal oder zwischen Sexten und Sillian beschäftigen das Land ebenso wie touristische Hotspots, wo der Verkehr und der Besucheransturm ausufern. Exemplarisch dafür stehen etwa der Pragser Wildsee und das Kirchlein im Villnösser Ranui mit den Geislern im Hintergrund. Beide Orte wurden diesen Sommer geradezu überrannt und stehen für die Auswüchse der Entwicklung.
Der Alpenverein Südtirol ist vor diesem Hintergrund überzeugt davon, dass die Natur und die Alpen uns alle angehen und erklärt die Alpen zur Herzensangelegenheit: „Wir alle sind gefordert – politische und strategische Entscheidungsträger, jeder einzelne und auch die Alpenvereine – nach Möglichkeiten zu suchen, die Alpen in ihrer Schönheit zu bewahren, so wie sie sind“, sagt AVS-Vorsitzender Georg Simeoni.
Tirol: Wegweisende Entscheidungen für den Naturschutz
Wie wichtig und relevant der Start der Kampagne “Unsere Alpen” ist, zeigt unter anderem die Situation in Tirol deutlich auf: Als Naturschutzorganisation machte der Österreichische Alpenverein schon sehr früh auf die bedenklichen Konsequenzen eines geplanten Neuentwurfes des Tiroler Seilbahn- und Skigebietsprogramms (TSSP) öffentlich aufmerksam und brachte somit eine aktuell laufende politische Diskussion ins Rollen. Mit dem Neuentwurf würden sich auch umstrittenste Projekte durchsetzen lassen – in einer offiziellen Stellungnahme an die Tiroler Landesregierung forderte der Österreichische Alpenverein daher neben klaren Endausbaugrenzen eine vorläufige Verlängerung des bestehenden Seilbahnprogramms.
Mit wenigen Modifizierungen einigte sich die Tiroler Landesregierung Anfang Dezember auf eine Fortführung des Tiroler Seilbahn- und Skigebietsprogramms. Noch immer fehlt in diesem Programm jedoch ein klares Zugeständnis zu Endausbaugrenzen sowie der breite Dialog mit der Bevölkerung – für ein zukunftsträchtiges Seilbahnprogramm ist dies laut Alpenverein jedoch unumgänglich. Gemeinsam mit dem Umweltdachverband (UWD), dem WWF, dem Österreichischen Fischerei-Verband und anderen Natur- und Umweltschutzorganisationen setzt sich der Österreichische Alpenverein derzeit auch für den Schutz des Wassers ein, dem europaweit eine drastische Schwächung droht: Die sogenannte Wasserrahmenrichtlinie schützte bisher die Güte unserer Flüsse und verbesserte all jene Wasserlandschaften, die durch wirtschaftliche Nutzungsansprüche bereits beeinträchtigt wurden.
Doch aktuell machen EU-Mitgliedstaaten sowie unterschiedliche Lobbys Stimmung für eine Aufweichung des europäischen Rechtsrahmens. Als „Allianz für den Schutz des Wassers“ setzen sich Natur- und Umweltschutzorganisationen sowie zivilgesellschaftliche Vereine in ganz Europa für den Schutz unserer Wasserressourcen ein. Unter bit.ly/retteunserwasser kann online eine Stimme für den europaweiten Wasserschutz abgegeben werden.
Weitere Informationen unter www.unsere-alpen.org