Patagonia-CEO Rose Marcario: Statement zum Black Friday

Der Black Friday hält ein weiteres Mal Einzug in die USA. Im ganzen Land stehen die Zeichen auf Konsum. Tonnenweise Produkte werden gekauft – möglichst viele und möglichst günstig.

Rose Marcario, CEO der Outdoorfirma Patagonia, hat den Black Friday zum Anlass genommen, Unternehmen und Privatpersonen aufzurufen, verantwortungsvoll mit Produkten umzugehen und Kaufentscheidungen vernünftig abzuwägen:

Patagonia-CEO Rose Marcario (c) Patagonia
Patagonia-CEO Rose Marcario (c) Patagonia

Dieses Jahr habe ich einen verfrühten Neujahrsvorsatz zum Schutz unserer Erde: Lasst uns alle Umwelt-Fundamentalisten werden. Das hört sich nach einem großen Schritt an – ist es aber nicht. Alles, was man dazu braucht, ist Nähzeug und eine Reparaturanleitung.

Unsere Produkte möglichst lang zu nutzen, ist das Beste, was wir als Verbraucher für die Umwelt tun können. Indem wir die Lebensdauer unserer Kleidung durch Pflege und Reparatur verlängern, müssen wir weniger neue Sachen kaufen und vermeiden so die CO2 Emissionen, Abfälle und Abwässer, die mit ihrer Herstellung verbunden wären.

Warum ist das Reparieren so ein fundamentaler Akt? In unserer Zeit kurzlebiger Mode und rasch fortschreitender Technologie ist es fast unvorstellbar, Dinge zu reparieren, statt sie einfach wegzuwerfen. Doch die Auswirkungen sind enorm. Ich sage Ihnen das als Geschäftsführerin einer Bekleidungsfirma, die trotz großer Bemühungen um eine nachhaltige Produktion noch immer mehr von der Erde nimmt, als sie zurückgibt.

Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft. Teure Produkte wie Autos oder Waschmaschinen lässt man gewöhnlich reparieren, aber sonst ist es meist einfacher und billiger, etwas Neues zu kaufen. Es gibt allerlei Argumente gegen eine Reparatur: z.B. das Erlöschen von Garantieansprüchen oder das Fehlen von Informationen und Ersatzteilen.

Dadurch entsteht eine Gesellschaft von Konsumenten – nicht von Besitzern. Und das ist ein großer Unterschied. Besitzer übernehmen Verantwortung für ihre Produkte – für deren richtige Pflege, Reinigung, Reparatur, Nutzung und Weitergabe. Konsumenten hingegen kaufen, werfen weg und kaufen neu – und stürzen uns dadurch in den ökologischen Ruin.

Damit wir uns richtig verstehen: Das Kaufen an sich ist nicht das Problem (obwohl klar ist, dass wir im Trubel der Weihnachtseinkäufe oft zu weit gehen). Schließlich sind wir von zahlreichen Produkten abhängig, deren Herstellung die Erde schädigt (das gilt auch für Patagonia-Produkte), und das wird sich in naher Zukunft nicht ändern, egal wie sehr wir uns bemühen, die negativen Auswirkungen zu minimieren.

Was kann man dagegen tun? Drastische Einschnitte im kollektiven Verbrauch erfordern die gemeinsame Verantwortung der Firmen, die die Produkte herstellen, und der Verbraucher, die sie kaufen. Doch Unternehmen müssen unabhängig handeln.

Patagonia bemüht sich darum, hochwertige und nachhaltige Kleidung zu produzieren, die lange hält, repariert werden kann – und einer produktlebenslangen Garantie unterliegt. Wir betreiben das größte Textil-Reparaturzentrum Nordamerikas (mit über 40.000 Reparaturen in diesem Jahr) und wir haben die Mitarbeiter in unseren Läden geschult, einfache Reparaturen (die pro Jahr in die Tausende gehen) selbst auszuführen. Wir publizieren auf unserer Website gemeinsam mit iFixit über 40 kostenlose Reparaturanleitungen für Patagonia-Produkte in vier Sprachen. Wir unternehmen alles, um unseren Kunden dabei zu helfen, ihre Ausrüstung selbst zu reparieren, sie weiterzugeben oder notfalls zu recyceln.

Wir bitten unsere Kunden beim Kauf darum, diese Optionen zu nutzen und ihre Umweltbelastung langfristig zu minimieren, indem sie erworbene Produkte reparieren, weitergeben oder recyceln, wenn sie nicht mehr brauchbar sind. Indem der Kunde nur kauft, was er wirklich braucht, kann er seinen Konsum reduzieren. Der Kauf wird dann zu einer Investition, die Geld spart und auf lange Sicht dazu beiträgt, den Planeten zu retten.

Doch das ist bislang eher die Ausnahme. Für manche Firmen wie Ricoh, DeWalt, Caterpillar und Lenovo gehören Reparatur und langfristige Nutzung zur Geschäftsgrundlage, doch die meisten produzieren immer noch billigen Ramsch, der schnell kaputtgeht und den man rasch ersetzen muss. Und Kunden, die nur auf den niedrigsten Preis achten, kaufen nach diesem Schema und halten es damit in Gang.

Meist bekommt man zu den Produkten keine Reparaturanleitung und manchmal erschweren Firmen die Reparatur sogar bewusst durch spezielle Schrauben oder ähnlichen Unfug. In Anbetracht der aktuellen Umweltkrise sollte dies als verwerflich gelten, aber leider wird bewusste Begrenzung der Nutzungsdauer noch immer als cleveres Marketing gefeiert.

Angesichts der Jahr für Jahr deutlicher werdenden Asuwirkungen des Klimawandels und der wichtigen Gespräche zur Klimapolitik kommenden Monat in Paris, müssen wir als Einzelverbraucher eine Wende des Überkonsums anstreben. Also sollten wir uns wie Besitzer verhalten, nicht wie Konsumenten, und lieber reparieren, als ständig neu zu kaufen und unsere Erde mit Dingen zu belasten, die wir nicht wirklich brauchen.

Wir Hersteller haben die Verantwortung, qualitativ hochwertige Produkte zu schaffen, um Sie dabei zu unterstützen, indem wir Reparaturen und die Beschaffung von Ersatzteilen erleichtern. Reparaturen müssen einen höheren Stellenwert erhalten. Wir müssen unsere Kunden dabei unterstützen, Besitzer zu werden – was grundlegende Änderungen verlangt.

Es ist ein fundamental neuer Denkansatz. Doch der Wandel kann mit einer Nadel und etwas Faden beginnen.

– Rose Marcario ist Präsidentin und Geschäftsführerin von Patagonia, einem weltweiten Hersteller von Outdoor-Kleidung mit Sitz in Ventura, Kalifornien.

QuelleKathrin Feigl, Foto: Patagonia