Klingt nach einem großen Abenteuer. Schnell konnte ich meine Partner Christian Denk und Fabian Hagenauer von diesem Vorhaben begeistern.
Fotostrecke: Roland Hemetzberger im Wilden Kaiser
Die Vision war klar: Einen direkten Einstieg zu der A2 Länge finden und diese so frei zu klettern!
Der Stil ebenso: den Charakter der Route erhalten, d.h. nur an den alten Standplätzen Bolts anbringen aber an den teils schlechten Zwischenhaken nichts ändern!
Zuerst sind sechs Seillängen mit Schwierigkeiten bis zum unteren zehnten Grad zu klettern, und dann kommt erst die eindrucksvoll ausgesetzte Schlüsselseillänge.
Am 3. Oktober war ich auf Erfolgskurs, es war zwar lausig kalt in der Steinernen Rinne, aber die ersten sechs Längen konnte ich erfolgreich punkten. Doch nun wartete die Schlüssellänge. Im ersten Versuch fand mich Fabian fluchend nach ein paar Meter im Seil wieder.
Cool bleiben – alle Kräfte wurden nochmals mobilisiert, die komplexe Schlüsselpassage, die darin besteht, den Fuss bis zur Hüfte zu stellen und dann weit in ein Einfingerloch zu ziehen klappte, dann hieß es noch dran bleiben, die restlichen Meter sind zwar leichter, doch vorbei ist es noch lange nicht, der Fels ist brüchig und deshalb kann der Traum schnell wieder zerplatzen.
Doch alles klappte, mit einem lauten Jubelschrei, der sicherlich bis nach Kufstein zu hören war, erreichte ich den Standplatz.
Zur Bewertung der Länge: irgendwo bei 8b oder 8b+, sehr schwierig zu bewerten, vielleicht kann ein Wiederholer eine richtige Zahl ausspucken?
Die nächste 7b Länge, eine große brüchige Schuppe, die nur mit schlechten Normalhaken gesichert ist, wurde nochmals zum Nervenkrimi. Doch ich ließ mich nicht mehr abschütteln. Am Standplatz war dann klar – jetzt ist es gelaufen, die Wand neigt sich, nur noch leichte Kletterei, der Gipfel bereits zu sehen.
Die Freude war groß und es wurde natürlich ordentlich gefeiert !
Neben Stefan Glowacz "Des Kaisers neue Kleider" (8b+) aus dem Jahr 1994 ist unser "Relikt Noichl Wörndl" die zweite Tour, die in dieser Liga einzuordnen ist.
Doch die Saison war noch nicht vorbei, die schönen Herbsttage machten es möglich, ein weiteres Kaiserprojekt anzugehen: eine Techno Route am Karlspitz Pfeiler frei zu klettern, und zwar die Direkte Südwand. Jürgen Vogt und Michael Olzowy haben sie im Jahr 1969 technisch erstbegangen, sie ist 150m lang und mit VI/A1 bewertet.
Am ersten Tag konnten wir uns eine Rotpunktbegehung nicht vorstellen, die Boulderstelle in der Schlüsselseillänge war einfach nicht zu knacken. Doch dann kam die rettende Idee: einen Normalhaken aus einem versteckten Fingerloch entfernen. Eine Sicherung weniger, dafür ein entscheidender Griff mehr, kein schlechter Tausch, oder?
Und schon lief es wie am Schnürchen. Nach einem Tag Vorarbeit gelang mir, begleitet von Fabian Hagenauer, die erste freie Begehung.
Mein Bewertungsvorschlag: 8a.
Gibt's da noch was erwähnenswertes?
Ach ja, in der Route gibt es keine Bohrhaken, selbst an den Standplätzen findet man nur ein paar alte Rostgurken! Somit ist sie momentan die schwerste vollständig bohrhakenfreie Route im Wilden Kaiser.
Jetzt zieht es mich nach Südfrankreich besser gesagt in die Verdonschlucht, dort wartet ein interessantes Projekt auf mich das sicher ganz oben mitspielt.
Man darf gespant bleiben…